15. Dezember – Ein Schiff wird kommen

Ich stehe nicht im Hafen von Piräus, sondern am heimischen Herd bei Spinat und Spiegelei. Milva singt: „Ein Schiff wird kommen … und meine Sehnsucht stillen, die Sehnsucht mancher Nacht!“ Was für eine Stimme! Da kommt einiges in Bewegung!

Sehnsucht, das ist das große Thema in der Adventszeit. In der Münsterkirche von Hameln lagen hundert und mehr kleine Zettel in einem Drahtgeflecht: Gebete voller Sehnsucht! Für das Kleine und Große, in dem wir stecken, das wir vermissen, von Gesundheit bis Weltfrieden. Wir hoffen, dass etwas kommt und sein möchte, das heil und ganz macht! Da ist doch mehr, viel mehr, als wir jetzt sehen und verstehen!

In einem Adventslied heißt es: „Es kommt ein Schiff geladen bis an sein‘ höchsten Bord, trägt Gottes Sohn voll Gnaden, des Vaters ewigs Wort. Das Schiff geht still im Triebe, es trägt ein teure Last; das Segel ist die Liebe, der Heilig Geist der Mast.“

Das Schiff ist unterwegs. An manchen Tagen könnten wir meinen, es sei im Suez-Kanal steckengeblieben. Langes Warten macht mürbe. So habe ich dann im Duett mit Milva gesungen: „Ein Schiff wird kommen …. und meine Sehnsucht stillen, die Sehnsucht mancher Nacht!“ Da durften ein paar Tränchen kullern, bis ich beschlossen habe, die Zeit des Wartens aktiv zu nutzen!

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14. Dezember – Unterwegs zur Mitte

Das Labyrinth ist ein altes Symbol für die Wege, die Menschen im Leben zu gehen haben. In vielen Kirchen und Klostergärten kann man eines finden. Auch bei uns im Auetal, auf Gut Nienfeld. Hans Otto von Blomberg hat es in seinem Park angelegt und erzählt gerne, was das Labyrinth für ihn bedeutet.

Wenn du losgehst, dann denkst du: Es ist alles ganz einfach: Du hast das Ziel vor Augen und marschierst fröhlich los. Schule, Ausbildung, Liebe, Hochzeit, Kinder und so weiter. Und dann wirst du überrascht. Es kommt anders als gedacht. Wer wüsste das nicht!

Wer immer gesagt hat: „In unserer Familie kann das nicht passieren“, der wird eines anderen belehrt. Wer gläubig ist, leidet am rätselhaften und verborgenen Gott. Und positiv: Wer eine schwere Zeit hinter sich hat, spürt, dass wieder Leichtigkeit einzieht.

Im Labyrinth gibt es keine Abkürzungen zum Ziel. Wie gerne würden wir unseren Kindern und Enkeln manche Wege ersparen, wir Lebensklugen. Aber sie müssen ihre eigenen Erfahrungen machen. Wir gerne würden wir selbst auf einige Wege verzichten und müssen sie dennoch gehen!

Egal, wie verschlungen sie sind, alle Wege münden in der Mitte. Dort wird er warten, wie er immer auf uns wartet, der Anfänger, Liebhaber und Vollender allen Lebens, das A und O.

13. Dezember – Sternstunden

Für heute Abend war der traditionelle Gottesdienst der LandFrauen geplant, in der St. Nikolai Kirche in Rinteln. Stimmungsvoll, fröhlich, emotional, mit vielen Berichten über ganz persönliche „Sternstunden“, die nachklingen, die für unser Leben entscheidend sind. Leider musste er abgesagt werden.

Der Schriftsteller Stefan Zweig beschreibt in seinem Buch „Sternstunden der Menschheit“ Begebenheiten, deren Auswirkungen die Geschichte geprägt und verändert haben. Das ist gut zu lesen.

Weihnachten gilt als die Sternstunde der Menschheit schlechthin. Seitdem teilen wir die Weltgeschichte in eine Zeit vor und eine Zeit nach Christus. Da ist etwas geschehen: Gott ist mittendrin. Der Mensch entdeckt seine Freiheit und seine Verantwortung, seine Grenzen und seine Möglichkeiten.

Ich wünsche Ihnen „Sternstunden“, Momente, in denen ihnen etwas zufällt, was die Kraft hat, ihr Leben zu verändern, in denen heil wird, was nicht heil ist, in denen sie ahnen, was Geborgenheit ist…… „Stern über Bethlehem, zeig uns den Weg“ (Evangelisches Gesangbuch 544)

Foto: St. Nikolai Kirche Rinteln im Advent von Harald Scheibe

12. Dezember – Für Leib und Seele

Herzliche Grüße und gute Wünsche zum 3. Advent. Heute gebe ich das Rezept für einen leckeren Quarkstollen weiter und einen Vers aus dem Gesangbuch (EG 17,3): „Wir sagen euch an den lieben Advent. Sehet, die dritte Kerze brennt! Nun tragt eurer Güte hellen Schein weit in die dunkle Welt hinein. Freut euch, ihr Christen, freuet euch sehr! Schon ist nah der Herr.“

Quarkstollen

100 g gehackte Nüsse, 100 g gehackte Mandeln, 100 g gestiftete Mandeln, 200 g Rosinen, 150 ml Rum. Die Zutaten gut vermischen und einen Tag lang einweichen.

500 g Weizenmehl, 1 Päckchen Backpulver, 150 g Zucker, 2 Eier, 200 g Butter und 250 g Quark zu einem Teig verarbeiten und 30 Minuten ruhen lassen. Die Mandel-Nuss-Masse zum Teig geben, gut durchkneten. Den Teig zu einer Kugel formen und 30 Minuten ruhen lassen.

Den Teig in eine längliche Form bringen und 70 Minuten bei 175° backen. Aus dem Backofen nehmen, 45 g flüssige Butter auf den warmen Stollen streichen und Puderzucker darübersieben.

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11. Dezember …. und ist doch rund und schön

Ein schöner Abend. Ich schaue in den Himmel und staune. Meine Gedanken schicke ich auf Reisen und ahne etwas von der Weite des Universums. Immer, wenn ich den halben Mond sehe, fällt mir das berühmte Abendlied von Matthias Claudius ein: „Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen am Himmel hell und klar“ (EG 482). Einen Vers liebe ich besonders: „Seht ihr den Mond dort stehen, er ist nur halb zu sehen und ist doch rund und schön. So sind wohl manche Sachen, die wir getrost belachen, weil unsre Augen sie nicht sehn.“

„Weil unsre Augen sie nicht sehn…“ – Was weiß ich von einem Menschen? Ich sehe immer nur einen kleinen Ausschnitt. Ich kenne die Geschichten, die er gerne erzählt, aber es gibt auch andere, die er für sich behält. Was weiß ich von den kleinen und großen Tragödien, die jemand erlebt hat und von der Sehnsucht in ihm?

Ich denke auch an meine halben Sachen, wenn ich nicht geschafft habe, was ich schaffen wollte, wenn ich nicht so war, wie ich sein wollte. Wie tröstlich ist die Botschaft vom halben Mond für alle, die am liebsten perfekt wären. Unser Leben ist rund und schön, auch, wenn wir das an manchen Tagen nicht glauben können.

Wie oft verstehen wir Gott und die Welt nicht! Tausend Fragen bleiben ohne Antwort. Womit wird er uns überraschen, wenn wir einmal das Ganze sehen? Bis alle Geheimnisse gelüftet und alle Fragen beantwortet werden, möchte ich mir noch oft den Mond anschauen: „Er ist nur halb zu sehen und ist doch rund und schön.“ Ich möchte feiern, dass es mehr gibt, als ich sehen und verstehen kann, dass es Gott gibt, mittendrin!

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10. Dezember – Die VIP – Liste

Es ist soweit. Jetzt werden Weihnachtskarten geschrieben. Nicht als Pflichtprogramm, sondern aus einem inneren Bedürfnis heraus. Ich blättere im Adressbuch und staune stets aufs Neue, wie viele Adressen und Telefonnummern im Laufe der Jahre zusammengekommen sind. Viele wertvolle Menschen gehören dazu. Viele Erinnerungen verbinden mich mit ihnen. Das ist meine persönliche VIP-Liste!

Das Telefon klingelte. Es meldete sich ein alter Freund, von dem wir ganz lange nichts gehört hatten. „Ich bin gerade in Dänemark, im Urlaub, und habe an euch gedacht!“ – Die Überraschung war ihm gelungen! Wir standen tatsächlich noch in seinem Telefonbuch, lange Zeit im Stand-by-Modus, aber wir konnten gleich wieder anknüpfen an das, was uns verbindet!

Solch ein Erlebnis macht Mut, einfach mal jemanden zu überraschen: „Ich wollte nur mal deine Stimme hören!“ – Und dann wird schnell eine ganze Stunde oder mehr daraus! Wir haben uns viel zu erzählen.

In meiner Telefonliste sind manche Nummern noch dreistellig. So lange kennen wir uns schon! Was haben wir nicht alles miteinander erlebt! Viele sind oft umgezogen, andere sind am gleichen Ort geblieben. Nähe und Distanz bleiben nicht immer gleich, in unseren Beziehungen zu Menschen ist Bewegung!

Je älter wir werden, desto häufiger müssen wir ein kleines Kreuz hinter einen Namen setzen. Das tut weh. Alles hat seine Zeit. Ich möchte den Schatz in meinem Adressbuch sorgfältig hüten. Das werde ich beim Schreiben der Weihnachtskarten bedenken.

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9. Dezember – Zeit für Komplimente

„Du bist der Strickpulli für meine Seele!“ – Ein wunderschönes Kompliment, entdeckt im Kalender „Der andere Advent“. Dort wird berichtet, dass die Hansestadt Lübeck das gute alte Kompliment wiederentdeckt hat. Menschen werden eingeladen, anderen etwas Lobendes, Angenehmes und Erfreuliches mitzuteilen.

An vielen Plätzen in der Stadt kann man hinterlegen, was man einem anderen „immer schon mal sagen“ wollte. Auch auf der Internetseite www.komplimentewerkstatt.de ist Gelegenheit dazu. Dort findet sich eine umfangreiche Sammlung an Dank und Wertschätzung, an witzigen und berührenden Wortschöpfungen.

Und nun? Es liegt nahe, den einen und die andere anzurufen und etwas Nettes zu sagen, einfach so! Wir haben am Abend in einer kleinen Runde die Gelegenheit genutzt, uns Komplimente zu machen. Vor allem der Gastgeberin für Punsch und Schmalzbrote – und für die Idee, für ein Stündchen auf ihre Terrasse einzuladen.

„Du bringst Farbe in mein Leben!“, „Du bist wie eine warme Kuscheldecke an kalten Tagen!“, „Jedes Gespräch mit dir ist wie inneres Blumenpflücken!“, „Ihr seid der Zuckerguss auf meinen Plätzchen!“ ….. da muss man erstmal drauf kommen. Danke an Inken Christiansen vom „Anderen Advent“. Sie tun uns gut!

8. Dezember – Tagesthemen

Ob sie gut geschlafen haben, die Damen und Herren, die Verantwortung in den Regierungsämtern von Rot-Gelb-Grün übernehmen? Es gibt viel zu tun auf den vielen Baustellen in der Nähe und in der Ferne, im eigenen Land und in der Weltgemeinschaft. Die Erwartungen sind groß – und gleichzeitig gilt: Du kannst als Politiker nicht alles umsetzen, was du aus tiefster Überzeugung für richtig und wichtig hältst. Da sind die, die anders denken, anders geprägt sind, vor anderen Herausforderungen stehen.

Nach den Tagesthemen höre ich im Radio Michael Jackson. „Heal the world“. Er singt: „Mach die Welt zu einem besseren Ort für dich und für mich und für die ganze Menschheit!“ Ich werde nicht oft melancholisch, aber da hat es mich erwischt!

Diese Sehnsucht spüren viele im Advent: Es möge heil werden, was nicht heil ist. Frieden und Liebe möge einziehen, Wertschätzung und ein Gespür für den großen Rhythmus des Lebens, Miteinander statt Gegeneinander.

Später sitze ich im Andachtsraum des Herzzentrums in Bad Oeynhausen und ahne: Ob die Welt um uns herum zu einem besseren Ort wird, wenigstens ansatzweise, das beginnt in unseren Herzen. Gott mag es schenken!

7. Dezember – Die langen Abende

Jetzt ist Zeit zum Lesen. Bücher, die gut tun, die das Herz öffnen, die uns verstehen helfen und lieben lernen. – Ein Buchhändler bringt seinen treuen Kunden nach Geschäftsschluss die bestellten Bücher nach Haus. Das ist weit mehr als ein Bringdienst. Er weiß, was seine Kunden brauchen. Jeder hat seine Geschichte und seine Probleme. Bücher sind dabei eine wertvolle Hilfe …

„Der Buchspazierer“ ist ein Roman von Carsten Sebastian Henn (Pendo-Verlag). Er wärmt und beschreibt, was Bücher so besonders macht, was Menschen einander sein können. Beim Literatur-Gottesdienst in der St. Nikolai-Kirche sagte Irmtraud Brendel in ihrer Ansprache:

„Wir alle haben Bedürfnisse – genau wie die Menschen in dem Buch, aus dem wir gerade Auszüge gehört haben. Und genau wie sie äußern wir sie manchmal, oft genug aber auch nicht. Und wenn nicht, kann es geschehen, was auch unserem Buchhändler Carl geschieht: wir werden misserstanden. Und wir missverstehen unsere Mitmenschen, erkennen ihre wirklichen Bedürfnisse nicht. Na ja – wie denn auch? Das mit dem Gedankenlesen klappt ja zum Glück noch nicht….

Was kann Abhilfe schaffen? Brauchen wir vielleicht jemanden wie Schascha, das kleine Mädchen? Jemanden, der uns eine andere Sichtweise ermöglicht? Wäre doch schön, oder? Gerade Kinder haben oft einen unverstellten Blick auf Dinge und Personen….. Ein guter Weg ist unbedingt, wie ich finde, miteinander zu reden. Und einander zuzuhören. Die eine oder andere heikle Situation in unserem Buch wäre dann möglicherweise anders ausgegangen….. Die eine oder andere Situation in meinem Leben wäre dann möglicherweise auch anders ausgegangen. Und wenn dann trotzdem alles, wie man so schön sagt, „den Bach runtergeht“? Nun, ich bin überzeugt davon, auch dann hilft offen sein und reden, zum Beispiel mit Freunden, zum Beispiel im Gebet, im Gespräch mit Gott……!“

„Der Buchspazierer“ bietet sich an für die langen Abende im Advent.

6. Dezember – Zum Glück …

Oma Lina, der ich viel Lebensweisheit verdanke, sagte regelmäßig: „Willst du glücklich sein im Leben, trage bei zu anderer Glück, denn die Freude, die wir geben, kehrt ins eigene Herz zurück!“

Oma wusste nichts von der modernen Glücksforschung, von Hormonen mit den schönen Namen Endorphin, Testosteron und Serotonin. Für sie fühlte es sich einfach richtig und gut an, es machte zufrieden, was Johann Wolfgang von Goethe da gesagt hatte.

Altbacken? Eine Freundin erzählte mir vom Winter- und Corona-Blues, der sie erwischt hatte. Deprimiert sein, grübeln, Schokoladen essen, einen Film schauen, was tun? Sie setzte sich hin und schrieb ein paar Karten an Menschen, die das gerade dringend gebrauchen konnten. Und was passierte? Sie fühlte sich gut, man könnte sagen, sie war euphorisiert.

Schenken und helfen, ein Mensch für andere sein, das macht glücklich! Alle, die in unserer Kirchengemeinde den Kindern heute gefüllte Stiefel vor die Tür stellen, die werden wahrscheinlich den ganzen Tag lang strahlen!

Der Heilige Nikolaus war auch so einer, der Glück geschenkt hat. Er hat zugepackt, wenn Menschen Hilfe brauchten, wenn ihnen Nähe, Trost oder ein gutes Wort fehlten, wenn ihnen die Zunge „verwelkt“ war, weil sie keinen hatten, mit dem sie sprechen konnten.

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