Soll ich oder soll ich nicht?

In Bremerhaven, in der Columbusstraße 65, steht das Deutsche Auswandererhaus. Auswanderer aus ganz Europa sind von Bremerhaven aus in eine neue Welt aufgebrochen und haben auf ein besseres Leben gehofft, auf einen Neuanfang. Der Alltag hier war von Hunger und Krieg geprägt – ohne Perspektive. Das Neue lockte. Aber was für ein Abenteuer, das Alte und Vertraute aufzugeben.

Vor dem Museum steht ein Denkmal. Es zeigt eine kleine Familie, die auf dem Weg in die neue Welt ist. Der Vater schaut entschlossen nach vorne, in der Hoffnung, dass bessere Verhältnisse auf sie warten, dass die Kinder ganz andere Chancen bekommen als in der Heimat. Der Sohn ist an der Hand des Vaters, ist mit ihm bereit für das Neue!

Die Mutter schaut zurück. Zaghaft. Noch im Hin und Her! Was müssen sie alles zurücklassen! So viel Liebgewordenes, Teile der Familie, Freunde, das Haus, das Vertraute. Das, wofür sie jahrelang gelebt, hart gearbeitet und gekämpft haben. Ihre gemeinsame Geschichte. Das kleine Mädchen sucht Geborgenheit bei der Mutter.

Es gibt Zeiten, in denen sehnen wir uns auch nach einer Veränderung. Nein, nicht so groß wie das Auswandern. Aber etwas, was das Leben reicher, intensiver, leichter macht. Soll ich oder soll ich nicht? Habe ich den Mut für neue Wege und Gedanken, für einen neuen Lebensabschnitt? Diese Fragen haben mich bewegt beim Denkmal in der Columbusstraße!

Reden und reden lassen

Worte wirken! Sie können wohltun und wehtun. Sie können Nähe schaffen und Distanz. Sie können beflügeln und kränken, ermutigen und verunsichern. Wir können einen Menschen aufblühen lassen, mit dem, was wir sagen, wir können ihn auch zutiefst verletzen. Wir können Herzen öffnen und zutexten.

Wie wir mit anderen Menschen im Gespräch sind, das entscheidet darüber, wie unsere Beziehungen aussehen. Gerade in der Sterbe- und Trauerbegleitung ist es wichtig, heilsame Kommunikation zu lernen.

Zwei Tiere begleiteten uns im Seminar der Hospizgruppe: ein Wolf und eine Giraffe (Foto). Der Wolf ist bissig, polternd und verletzend. Die Giraffe hat einen langen Hals, beobachtet aus dem Abstand heraus und steht für unvoreingenommene Empathie.

Was ich mitgenommen habe, auch für die alltäglichen Gespräche: Zuhören ist ganz wichtig und heilsam. Wenn der andere spricht, nicht eigene Geschichten erzählen, nicht beurteilen und werten, keine Ratschläge geben, eher fragen: Habe ich das richtig verstanden? Bei mir ist angekommen, dass du …..! Habe ich das richtig interpretiert? Wichtig ist, Gefühle wahrzunehmen, mich in den anderen reinzuversetzen! Es ist erstaunlich, wie viele Menschen jemanden zum Zuhören suchen.

Wenn ich etwas klären möchte, dann beginne ich das Gespräch nicht mit: „Du bist ….! Du hast …..!“ Ich sage, wie ich mich fühle, wie ich etwas wahrnehme! Ich sende „Ich-Botschaften“.

Das waren wertvolle Impulse!

Mach mal Pause

Er hatte immer ganz viel zu tun, der fleißige Holzfäller. Selbst wenn seine Säge im Laufe des Tages stumpf geworden war: er nahm sich keine Zeit für eine Pause, in der er seine Säge schärfen konnte. Und so musste er sich bei seiner Arbeit unnötig quälen!

Pausen sind wichtig! Mal abschalten, die Arbeit unterbrechen, tief durchatmen, etwas lesen, einen Kaffee trinken, ein paar Schritte laufen, sich dehnen, tanzen oder ein kurzes Nickerchen machen.

An einem Automaten lese ich: 24/7. Hier kannst du an 7 Tagen in der Woche 24 Stunden lang etwas kaufen! 24/7 ? Der Mensch ist kein Automat. Er wird müde. Er braucht Pausen für den Kopf und alles Lebendige an ihm.

Ab und zu treffen wir uns in einem Café. Wir schenken einander Zeit, sprechen über das, was sonst ungesagt bleibt, spüren Verbundenheit, genießen die Ruhe und das gemütliche Ambiente. Und dann? Dann gehen wir anders, ausgeruht und entspannt, kreativer und getroster wieder ins Gewohnte zurück. Pausen tun gut!

Same procedure ….

Die Geburtstagsfee hat über Nacht gebacken und dekoriert. Im Wohnzimmer hängen Girlanden, Lichterketten und Luftballons. Die Kerzen sind angezündet und die Torte ist ein echter Hingucker. Alle sind 15 Minuten früher aufgestanden und empfangen das Geburtstagskind mit einem Ständchen: „Wie schön, dass du geboren bist!“

Auch, wenn es gestern noch ein paar Nickeligkeiten zwischen den Geschwistern gab, heute sind alle super nett, freuen sich mit über die Geschenke und haben kleine Überraschungen vorbereitet! Das Geburtstagskind steht im Mittelpunkt und wird gefeiert. Es spürt die Verbundenheit der Familie und zieht später fröhlich los in die Schule.

Viele Jahre später wird es Fotos anschauen: Dieses Ritual, dieser wertvolle, festliche Moment am Geburtstagsmorgen war etwas ganz Besonderes. Da habe ich gespürt, dass ich geliebt bin, dass ich den anderen viel bedeute! Vielleicht ist da so eine Sehnsucht nach dem, auf das man sich verlassen kann!

Offene Türen und Herzen

Was ist denn da los? Auffallend viele Menschen strömen in die Hamelner Marktkirche. Eine bunte Mischung: Touristen, Shoppende, Gemeindemitglieder und solche, die sich sehnen nach Wärme und Essen. Der freundlichen Einladung draußen folgt ein herzlicher Empfang im Turm. Ein verführerischer Duft von Waffeln strömt mir entgegen. Lange Tischreihen sind hübsch geschmückt und voll besetzt.

Vier Tage Vesper-Kirche! Vier Tage unter einem großen „WILLKOMMEN“!! Fühl dich willkommen mit allem, was du mitbringst und was du suchst. Hinter dem Altar laden Liegestühle zum Ausruhen ein. Die Kirche lebt!!

Ich treffe „Grüne Damen“, die Diakonie, das Angebot zum kostenlosen Haareschneiden für alle, die wenig Geld haben. Menschen mit sehr unterschiedlichen Lebensläufen kommen miteinander ins Gespräch, hören einander zu. Die mir so vertrauten LandFrauen aus dem Kreis Hameln-Pyrmont sorgen für Kaffee und Kuchen. Es gibt Musik und Kultur und kleine geistliche Impulse. Natürlich weiß ich es nicht genau, aber ich kann mir lebhaft vorstellen, dass Gott seine Freude hat an dieser lebendigen Kirche mit einer fröhlichen Willkommenskultur! Mitten in der Stadt!

Jeder bringt eine Kleinigkeit mit

Ich liebe Mitbring-Buffets! Wie hier im Kreis der Trauerbegleiter. Jede/jeder bringt eine Kleinigkeit mit. Das ist gut zu schaffen. Das ist bunt, lecker und inspirierend. Erstaunlich, was da zusammenkommt!

So vielfältig und reich kann auch die Gemeinschaft einer Familie, eines Vereins, einer Gesellschaft sein! Jede einzelne hat ihre Begabungen, ihr Charisma, ihre Möglichkeiten. Je mehr sich aktiv beteiligen, desto mehr Leben zieht ein, desto mehr kann bewegt werden.

Ich zitiere immer wieder gerne Gräfin Leutrum zu Ertingen, die Gründerin der LandFrauenvereine: „Die Vereine werden das sein, was wir selbst aus ihnen machen. Und je mehr sich lebendig einbringen, desto fruchtbarer wird es für alle sein.“

Irgendwann ist jetzt ….

„Das ist es!“ – Ein Lied von Max Giesinger erwischt mich in der Küche mit einem großem Thema. Wie oft habe ich gedacht: „Irgendwann, wenn es erst einmal ruhiger ist, dann …. Wenn ich das erst einmal hinter mir habe, dann … Wenn ich erst einmal viel Zeit habe, dann …!“ Und so schiebe ich immer wieder auf, was ich schon ganz lange vorhabe.

Santorin besuchen. Jeden Tag eine Stunde spazierengehen. Mit dem Fahrrad Niedersachsen entdecken. Konsequent sein mit der Beckenboden-Gymnastik. Die Enkel zu einer Städtetour einladen ….. An Ideen und Erkenntnissen fehlt es wahrlich nicht. Was fehlt, das ist die Umsetzung!

Ab und zu gönn ich mir das Lied von Max Giesinger. Ich tanze in der Küche und weiß: „Irgendwann ist JETZT!“ – „Irgendwann ist ‚Schluss mit EIGENTLICH‘.“ Nimm dir Zeit für das, was du als richtig und wichtig erkannt hast, für das, was dein Herz dir sagt!!

Blütenträume und Weltkulturerbe

1200 Jahre Geschichte! Schloss Corvey bei Höxter ist auf der Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten zu finden. Ein Schatz im Weserbergland! Kenner erwähnen besonders das welt-älteste Westwerk aus der Karolingerzeit. Wer historisch interessiert ist, kann hier stundenlang entdecken und staunen.

2023 ist rund um das Schloss die Landesgartenschau von NRW zu besuchen. Ein riesiges Lavendelfeld mit über 50 000 Pflanzen des „Echten Lavendels“ schenkt einen Hauch der Provence. Ein Arzneipflanzengarten stellt alte Gemüse- und Kräuterpflanzen vor. Die Benediktiner sind ja bekannt für ihr Wissen um die heilenden Kräfte der Pflanzen! Ein riesiges Hopfenspalier darf nicht fehlen, war der Hopfen hier doch schon vor 1200 Jahren beheimatet, zur Freude der Mönche!

An der Weser entlang geht es durch eine inspirierende Anlage in die Stadt Höxter. Kleine blühende Flächen begleiten als Farbtupfer den Weg durch die Altstadt. Es gibt zahlreiche Anregungen zur Gartengestaltung und eine Erinnerung an August Heinrich von Fallersleben, der unsere Nationalhymne gedichtet hat und Bibliothekar in Corvey war.

Es lebe das Leben

Auf dem Weg zum Einkaufen komme ich in Krainhagen an einem Osterkranz vorbei. Der Blick reicht weit in die Ebene. Die Stimmung hellt auf. Ostern!

Wir suchen Moos im Bückeberg und Bärlauch an der Schaumburg. Wir genießen die Blüte der Märzenbecher in Holtensen und die Farbtupfer im Garten. Der Winterschlaf ist beendet. Es kaum zu fassen, was die Sonne jetzt alles wachküsst. Neue Gedanken und Gefühle nehmen in uns Anlauf. Herrlich! Die Wäsche kann jetzt wieder im Freien trocknen – und wir ahnen, dass auch in uns ein frischer Wind einziehen kann.

Ostern! Neuanfänge und Aufbrüche sind möglich. Es muss nicht bleiben, wie es ist. Die kleine dicke Raupe wird zum Schmetterling. Was heißt hier „Da kann man nichts machen“? Ich bin für Überraschungen bereit. Es lebe das Leben!

Segen für das Haus

In diesem Jahr durften sie wieder vor der Haustür stehen und vom Licht in der dunklen Nacht singen. Schon Tage vorher hatte ich mich auf den Besuch der Sternsinger von der katholischen Gemeinde gefreut. Sie bringen Segen: „Christus mansionem benedicat“. Christus segne das Haus! Alle, die hier wohnen, alle, mit denen wir verbunden sind und alle, die als Gast kommen. Egal, was ist: Segne uns, umgib uns mit deiner heilenden Kraft.

Die Sternsinger freuen sich über eine Spende. In diesem Jahr für die Aktion „Kinder stärken – Kinder schützen“. Elke Büdenbender, die Frau des Bundespräsidenten, sagte beim Besuch der Sternsinger im Schloss Bellevue: „Jedes Kind auf dieser Erde hat ein Recht auf Liebe, Fürsorge, Schutz und Bildung. Ihr braucht uns, um das durchzusetzen. Ihr habt ein Recht darauf, dass wir Erwachsenen das zu unserer Sache machen.“