Ich mache jetzt Karriere

Ob das wirklich stimmt, was ich in einem Magazin gelesen habe: Zwei Drittel der Deutschen möchten Karriere machen, aus sich und ihrem Leben das bestmögliche herausholen, zeigen, was alles in ihnen steckt, Zeit optimieren.

Was ist eigentlich „KARRIERE“, das habe ich mich in letzter Zeit oft gefragt. Frauen und Männer geben sich Mühe, beweisen, dass sie etwas können, arbeiten am Kräfte-Limit. Sie steigen auf, sie werden gelobt – und als Auszeichnung wird ihnen immer noch mehr aufgepackt. Weil sie immer wichtiger und unersetzlicher werden, dürfen sie Überstunden machen, immer mehr Aufgaben übernehmen, immer mehr Verantwortung tragen.
85% der erfolgreichen Manager (und nicht nur die!!) spüren etwas von den Folgen dieses permanenten Leistungsdrucks: sie können nicht mehr ruhig schlafen, haben Kopfschmerzen, Magenprobleme und fühlen sich ausgebrannt.
Karriere?

Kinder oder Karriere, das fragen sich heute viele junge, begabte Frauen mit einer Top-Ausbildung.
Manchmal denke ich: Können Kinder nicht auch eine Karriere sein? Kinder ins Leben hineinlieben, ihnen die Welt deuten, sie stark machen für ihren Weg, ausrüsten mit Mutmachstoff und großen Portionen an Hoffnung und Humor?

Karriere kommt u.a. aus dem Lateinischen. „Carrus“ heißt Karren. Ist Karriere vielleicht: Den Karren ziehen, das Leben bewältigen mit allem, was dazugehört. Zusehen, wie du etwas machst aus deinem Fuder an Zeit und Möglichkeiten. Zusehen, wie du den Menschen um dich herum die Zeit gibst, die sie brauchen, auch dem Feiern, dem Kranksein und Sterben, dem Freundschaft pflanzen, dem Säen und geduldig auf Segen warten.

Heute morgen beim Frauenfrühstück in Söhlde habe ich einen Spruch mit auf den Weg bekommen: „Du bist etwas besonderes, das wollte ich dir schon immer einmal sagen. Als Gott dich schuf, legte er liebevoll ein Stück von sich selbst in dich hinein. Er wollte, dass du einmalig bist!“

Karriere heißt dann für mich: Ich kann das, was in mir steckt an Reichtum und Chancen, ausleben. Es gibt keinen „Begabungsstau“. Ich kann entfalten, was ich ahne vom gelingenden Leben, egal wie, egal wo.
Sogar Hausarbeit ist nichts stupides mehr, sie steht jetzt unter der Überschrift: „Die Prinzessin gestaltet ihr Schloss!“ – Ich habe Zeit Kranke zu besuchen, mit dem Füllfederhalter Briefe zu schreiben, im Garten zu sitzen, die, die mir im Leben wichtig waren, zum Grab zu begleiten, das eigene Gemüse anzubauen, Alte pflegen, im Ehrenamt Verantwortung übrnehmen…ich werde das Maß finden, das für mein Leben stimmig ist, eine feine Antenne für das entwickeln, was jetzt für mich dran ist!

„Carrus“ heißt Karren. Leonardo da Vinci hat mal gesagt: „Binde deinen Karren an einen Stern!“ Das wäre vielleicht die größte Karriere, wenn es uns gelingt, den Karren, den wir zu ziehen haben – und der manchmal verdammt schwer ist – an einen Stern zu binden, zu wissen: Gott hilft mir, meinen Karren zu ziehen!

Was ist eigentlich Karriere? Dies gilt es immer wieder neu zu bedenken.

Er-Lesenes

Bücher sind mir seit jeher gute Freunde und Wegbegleiter. Sie weiten den Horizont, nähren Geist und Gefühl, locken zu neuen Wegen und Lebendigkeit, sind Trostpflaster, indem sie liebevoll sagen „du bist verstanden“. Ich habe viel „Er-Lesenes“ aus guten Büchern.

„Die Verwöhnungsfalle“ von Dr. Albert Wunsch aus dem Kösel-Verlag hat mich in den letzten Wochen beschäftigt, ich habe den Inhalt schon mit etlichen LandFrauen diskutiert.

„Kennt ihr das sicherste Mittel, ein Kind unglücklich zu machen? Gewöhnt es daran, alles zu bekommen, was es sich wünscht, ihm alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen und ihm Aufgaben abzunehmen, die es durchaus allein bewältigen kann.“

Eine Gesellschaft von „Verwöhnlingen“ hat es schwer. Es gilt im Großen, in der Nachbarschaft und in der Familie: „Nehmen ohne zu geben verhindert Zukunft“. Verwöhnte verhalten sich wie die Gäste in der Parabel aus China, wo ein wenig begütertes Hochzeitspaar die Gäste gebeten hatte, Wein mitzubringen und in eine große Amphore am Saaleingang zu gießen. Beim Anstoßen wird dann offenkundig, dass alle Wasser mitgebracht und gehofft hatten, dass es nicht auffalle.

Verwöhnte Menschen sind weder bindungs- noch konfliktbereit. Sie haben Angst vor Herausforderungen, weil sie nicht ausreichend erlebt haben, dass sie etwas leisten können. Und sie fühlen sich nicht in der Lage, mit den Wechselfällen des Lebens und Misserfolgen umzugehen. Man hatte sie wie in einem Treibhaus vor dem „wirklichen Leben“, mit allem, was dazugehört, bewahrt.

Eine verwöhnte Generation wird zu kraftlosen, ängstlichen, leistungsschwachen, unmotivierten und angepassten Ichlingen, die permanent bestrebt sind, an die Pipeline wohligen Versorgtwerdens angenippelt zu werden, ein Recht auf hohe Erwartungen gegenüber Gott und Menschen zu haben.

Gib deinem Kind dieses wunderbare Gefühl, rechtschaffene Erschöpfung zu spüren, zufrieden und stolz auf etwas Geleistetes schauen zu können. Trau ihm etwas zu und pack es nicht in Watte. Gönn ihm emotional-soziales Krafttraining, lock es heraus, dass es gerne mitwirken mag an der Kostbarkeit namens Leben, dass es gerne „aktiver Gesellschafter“ wird in dieser Gesellschaft.

„Homo schlaraffiensis“ gibt es genug in dieser Gesellschaft, ideenlos, frustriert, ohne Mut und Zukunftsperspektive. Der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog sprach von einer „mentalen Depression“ als dem größten Problem in Deutschland.

Ich finde, das Buch von Dr. Albert Wunsch muss diskutiert werden. Egal wie!
Wir sollten uns viel „Er-Lesenes“ gönnen, das uns herausfordert, nachdenklich macht, in Frage stellt und nach vorne bringt. Wie auch immer!

Die fünf Wohnungen der Liebe

Mit „simplify your life“ hat Werner „Tiki“ Küstenmacher ein großes Thema vorgegeben: Vereinfachen, entrümpeln, entschleunigen.
Jetzt stellt er uns in „simplify your love“ die „fünf Wohnungen der Liebe“ vor: Turm, Liebeszelt, Gutshof, Finsterwald und Schloss. Diese Bilder haben es in sich!!

Der Turm steht dafür, dass jeder Mensch eine einzigartige Persönlichkeit, ein Original ist. Wer eine gesunde Ich-Stärke, ein Eigenleben und eine lebenswichtige Liebe zu sich selbst hat, der bringt die besten Voraussetzungen für eine gelingende Partnerschaft mit. Denn: wer mit sich selbst nicht im Reinen ist, ein geringes Selbstbewusstsein besitzt, der wird leicht klammern und seinem Partner etwas erwarten, was der beim besten Willen nicht leisten kann. Liebe braucht Nähe und Distanz. Nur wer allein sein kann, ist reif für eine Liebesbeziehung. Gib Deinen Weg, gib Dich selbst nicht auf – und bewahr Dir Deine Frei-Räume.

Das Liebeszelt ist ein zauberhafter Ort, nach dem sich alle Verliebten sehnen. Hier findet sich das Paar. Hier kann es sich entdecken und der Liebe hingeben, sich vergnügen, Einswerden, die Welt um sich herum vergessen. Die Zeit des Verliebtseins, der Zärtlichkeit und Intimität ist etwas ganz besonderes. „Wer verliebt ist, hat Puccini in den Ohren“ – oder: „Wenn die Liebe kommt, haben die Hormone Partyhütchen auf!“

Im Gutshof wird der Alltag gestaltet. Wichtig ist, dass der eine sich auf den anderen verlassen kann. Die Existenz muss gesichert werden. Es geht um Astrengung und Mühe, um Verantwortung für die Kinder und Eltern. Jeder muss seinen Beitrag leisten, damit das Ganze gelingt. Klärungen sind wichtig. Wie setzen wir unsere Vision von gelingendem Leben um – in den kleinen, praktischen Dingen?

Der Finsterwald steht für schwierige Phasen, für allerlei Krisen und Katastrophen in der Partnerschaft. Manchmal kommen Krisen und Katstrophen von außen – weil das Leben uns etwas Schweres, Leidvolles zumutet. Manchmal bricht zwischen den Partnern etwas auf, womit sie nie gerechnet hätten.
Da fallen die Geigen vom Himmel und das, was uns mal verbunden hat, sinkt unter den Gefrierpunkt. Es geht um Eifersucht und Verletzungen, es geht um Missverständnisse und Schuldigwerden, es geht darum, dass man einander enttäuscht und sich mehr oder minder aneinander reibt. Abgründe können sich auftun.

Das Schloss steht für die reife Liebe, eine Liebe, in der für jeden genug Raum ist, die ausstrahlt in die Gesellschaft, die sich ins Universale erstreckt und sogar über die Grenzen der Lebenszeit hinausreichen kann (Liebe stärker als der Tod). Das erhöht gelegene Schloss mit einem fantastischen Panoramablick symbolisiert die königliche Liebe, wie sie z.B. im 1. Korintherbrief beschrieben wird:
„Die Liebe ist langmütig und freundlich. Die Liebe eifert nicht, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit. Sie erträgt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.“

Partnerschaft gelingt, wenn sie um diese fünf Wohnorte weiß und sie entsprechend gestaltet. Mir haben diese Bilder viel zum Nachdenken gegeben. Wir mögen immer wieder mal schauen, wie es in unserer Liebe (oder bei lieben Menschen um uns herum) um die fünf Wohnorte bestellt ist.

Von Stutenbissgkeit und Busenfreundinnen

Das war ein Klasse-Vortrag von Antje Balters, Redakteurin und Autorin aus Riede bei Bremen, Jahrgang 1956, Mutter von fünf Kindern.
Mit ihrer erfrischenden und sehr persönlichen Vortragsweise hatte die Referentin schnell die Sympathien der Rintelner Landfrauen gewonnen.

Es gibt Rivalität und Neid unter Frauen, vornehmlich, wenn es um das Aussehen, um den Beruf, um Kinder, Partner und Haushalt geht. Je unsicherer eine Frau ist (vielleicht auch: je überforderter eine Frau ist), desto mehr neigt sie zum vergleichen, zur Bissigkeit, desto abhängiger ist sie vom Urteil der anderen.

Manchmal erwischt es sogar starke Frauen wie Verona Feldbusch und Alice Schwarzer – erlebt in einer Talkshow bei Johannes B. Kerner – dass sie ihre Rivalität und Zickeigkeit nicht verbergen können.
Oft sind es jedoch die kleinen Dinge des Alltags, die „frau“ zu schaffen machen, z.B. wenn die andere eine bessere Figur hat – oder einen stets gepflegten Haushalt, in dem es regelmäßig nach frisch gebackenem Kuchen duftet (und sie dann auch noch sagt: „…also bei mir sieht das heute mal wieder aus!“). Manchmal wird „frau“ schon mal bissig und sagt, dass Frau X aber deutlich zugenommen hat und Frau Y besser keine kniefreien Röcke tragen sollte – und vor allem, dass Frau Z ja auch eine Perle von Mann hat, kein Wunder, dass die alles viel besser schaffen kann.
Die berufstätigen Frauen werfen den „Nur-Hausfrauen“ vor, ein laues Leben zu führen – und umgekehrt gibt es Schelte, wenn Familie nicht mehr als Zukunftswerkstatt und warmes Nest gesehen, sondern für die Karriere geopfert wird.

Es gibt offene und verdeckte Rivalität unter Frauen und die verhindert immer wieder, dass „frau“ sich unbeschwert an dem erfreuen kann, was sie hat, was ihr Leben reich macht und was bei ihr rund läuft, was ihr ganz persönlicher Weg ist! Das kennen wir ja: Wer anfängt, sich mit anderen zu vergleichen, der programmiert damit die Unzufriedenheit vor!

Nun gibt es aber auch das andere: wunderbare Frauenfreundschaften. Da sind Frauen, die sich fördern, ermutigen und stark machen, die kaum Geheimnisse voreinander haben.
Die beste Freundin erkennt, wenn ich munter und kompetent tue, mich in Wirklichkeit aber klein und mickrig fühle. Wenn ich von meinen Aktivitäten berichte, liest sie zwischen den Zeilen von meiner Unruhe, meinem Überfordertsein, meiner Suche nach Anerkennung. Die beste Freundin sagt uns, welche Kleidungsstücke wir besser nicht tragen sollten und hält uns aus, wenn wir übel drauf sind. Sie ist eine gute Adresse für Liebeskummer und Selbstwertprobleme – und sie wird zur entscheidenden Hilfe, wenn schlimme Zeiten zu bestehen sind.
Ist ja klar, dass die Enttäuschung und der Jammer groß ist, wenn eine solche wunderbare Freundschaft zerbrechen sollte – wenn unser Vertrauen verletzt wird, da, wo wir uns durch unsere Offenheit verwundbar gemacht haben.

Antje Balters sprach zum Schluss ihres hervorragenden Vortrages vom „Landhausstil“ einem Synonym für die Sehnsucht nach Angenommensein und Geborgenheit. Wer um seinen Wert weiß – wer sich von Gott geliebt weiß – der muss sich nicht ständig beweisen und mit anderen konkurrieren. Er/Sie bringt beste Voraussetzungen mit, um eine gute Freundin zu sein!

Wer neugierig geworden ist und mehr wissen möchte: Antje Balters „Neidlos glücklich“ im Gerth-Verlag.

Die andern sind das weite Meer

Es gibt ein wunderschönes Liebes-Gedicht von Mascha Kaleko, das mich schon viele Jahre lang begleitet und das ich heute an Sie/Euch weitergeben möchte.

Die andern sind das weite Meer.
Du aber bist der Hafen.
So glaube mir: kannst ruhig schlafen,
ich steure immer wieder her.

Denn all die Stürme, die mich trafen,
sie ließen meine Segel leer.
Die andern sind das bunte Meer,
du aber bist der Hafen.

Du bist der Leuchtturm,
letztes Ziel.
Kannst, Liebster, ruhig schlafen.
Die andern … das ist Wellenspiel,
du aber bist der Hafen.

In allem bunten Leben, das uns umgibt, das uns lockt und herausfordert,
bei all den vielen Menschen, denen wir begegnen und mit denen wir manche Wege gehn, ist es so wichtig, den einen, die wenigen zu haben, wo wir zuhause sind, wo wir nichts auftakeln müssen, wo man uns sogar mit Fehlern, Niederlagen und Schrammen willkommen heißt.
Wo ist unser Hafen, den wir anlaufen können, wenn wir uns verausgabt, wenn wir Federn gelassen haben, wenn wir mit uns selbst und der der Welt nicht im Reinen sind?
Wer sind die Menschen, die Dir Ihre Schulter zum anlehnen und ausweinen anbieten, die Dir gut tun, für die Du nicht nur irgendjemand bist…

In allem mal bunten, mal schweren Leben, das uns umgibt,
bei all den vielen Menschen, denen wir begegnen, die uns gut tun und mit denen wir es nicht leicht haben,
ist es so wichtig, einen besonderen Hafen zu haben: Den Gott, der uns in dieses Leben hineingeliebt hat,
der uns Wege zutraut – und der uns irgendwann mit offenen Armen wieder in Empfang nehmen wird.

Ich wünsche uns allen, dass wir diesen Hafen haben – aus dem wir gut vorbereitet auslaufen können auf die Wege, die wir zu gehen haben,
und dass wir wissen, wo wir hingehören, heute, morgen und übermorgen.

Geiz ist nicht geil – Geiz ist gottlos

Sparen ist in Deutschland modern.

Wer seinen Pinot Grigio nicht längst bei Aldi kauft, wer die aktuellen Sonderangebote der Supermärkte nicht kennt, wer nicht regelmäßig bei e-bay auf Schnäppchen-Jagd geht, es nicht schafft, beim Kauf der neuen Gartenmöbel dem Verkäufer einen größeren Rabatt abzuschwatzen, der gilt als hinterwäldlerisch, als Depp!

In Italien parken die Leute ihren Sportwagen vor teuren Feinkostgeschäften und erfreuen sich an Gänseleber aus dem Perigord und luftgetrocknetem Schinken aus Parma. Die deutschen Sportwagen mit durchaus gut verdienenden Damen und Herren parken vor Lidl und Aldi. Für die Deutschen zählt vor allem der Preis.

Wann der deutsche Sparzwang begonnen hat, ist schwer zu sagen. Kommt er aus den schlechten Zeiten gleich nach dem Krieg, als alles knapp war, nachdem man durch Zerstörung und Inflation verloren hatte, was mühsam erarbeitet war? Hat der den Genüssen des Lebens eher kritisch gegenüberstehende Protestantismus eine prägende Rolle gespielt?

Der Psychologe und Marktforscher Heinz Grüne vom Kölner Rheingold-Institut stellt fest: „Den Optimismus müssen sich die Deutschen erst erarbeiten, den Pessimismus tragen sie in sich.“ Die Deutschen trauen dem Leben nicht. Lieber weniger Leben, dafür mehr Geld. Das ist ein Phänomen, das auf ein großes Bedürfnis nach Sicherheit und sehr wenig Vertrauen in die Zukunft und in die eigene Stärke schließen lässt, übrigens auch von wenig Gottvertrauen zeugt!

Das Tragische dabei: Durch unsere Sparsamkeit, durch den Hang zum Geiz, machen wir alles noch viel schlimmer. Die Kaufweigerung belastet die Wirtschaft, die gerät ins Stocken, Leute werden entlassen.

Die Abendnachrichten werden als eine „Revue des Scheiterns“ erlebt und bestärkt die Menschen in der Überzeugung: Es ist alles ganz schrecklich!“

Dass unser Land auch nach diversen Einschränkungen immer noch zu den reichsten der Erde zählt, wird darüber vergessen. Auch
ein anderer Umstand wird verdrängt: In Deutschland gibt es sehr wohl freie Stellen. Das Arbeitslosenelend herrscht nicht flächendeckend. Es gibt auch Branchen, die händeringend nach Arbeitskräften suchen. Aber wer will noch Schlachter, Bäcker oder Koch werden?

Dummerweise kommen die wenigsten darauf, dass ihr eigenes Verhalten, das ängstliche, knausrige, weinerliche, das deutsche Dilemma mit verursacht hat. Stattdessen klopfen sie Sparfüchsen bewundernd auf die Schulter.

„Die werden in einer falschen Wirklichkeit als Helden gefeiert“, sagt Heinz Grüne. Aber das bemerkt kaum noch einer. Denn die Deutschen sind nicht nur mit dem Geld und dem Leben sparsam geworden. Auch bei der Selbstkritik knausern sie immer mehr.

Diese Gedanken habe ich aus dem Rheinischen Merkur Nr. 25 , sie sind verfasst von Thomas Schwitalla.

Ich möchte eine alte Weisheit hinzufügen:

„Wenn du zwei Münzen hast, kauf für die eine Brot für die Familie – und für die andere kauf Dir eine Hyazinthe, damit Dein Herz sich freuen kann!“

Ich möchte nicht knauserig werden – und dem Leben trauen. Möglicherweise schone ich mit einer „Dagobert-Duck-Mentalität“ meinen Geldbeutel, aber das Herz wird hart und die Seele einsam. Wer nichts gibt, bekommt auch nichts zurück. Ich möchte großzügig geben, statt knausern.

Ich möchte helfen, dass es Qualität gibt und die einen fairen Preis bekommt. Ich möchte die Parole „Geiz ist geil“ niemals mit meinem
Lebensstil in Verbindung bringen, weder für mein Portemonaie, noch für meinen Umgang mit den Menschen, noch für meinen Umgang mit der Zeit.

Ich lebe vom Geschenkten – und das kann man nur mit vollen Händen weitergeben!

Ob sich Adam und Eva – und alle, die danach kamen – „rechneten“? Was wäre,wenn eine Mutter Teresa es sich in ihrer Privatsphäre gemütlich gemacht hätte? Was wäre, wenn die Weisen aus dem Morgenland ihre Geschenke zu Hause gelassen hätte in der vermutung, dass Joseph ihr Geld womöglich in die nächste Kneipe tragen könnte. Was wäre, wenn die Ehrenamtlichen dieser Welt alle zu „Neinsagern“ ausgebildet worden wären, und keiner würde mehr Jasagen und Anpacken? Was wäre, wenn Eltern den Bleistift spitzten und zu dem Ergebnis kämen: Kinder können wir uns nicht leisten, zu teuer!

Der Mensch ist nicht zum Geschafft-Sein, sondern zum Schaffen berufen

In dem sehr lesenwerten Buch „Swing – Leben im Rhythmus der Schöpfung“ von Kerstin Hack (Down-on-earth-Verlag) habe ich eine
wunderbare Anregung gefunden, die ich in meinen Worten einmal so beschreiben möchte:

Normalerweise schreiben wir planenden, vielbeschäftigten Frauen das, was wir zu tun haben, auf eine „to-do-list“, die, je nach dem, was gerade anliegt, mehr oder weniger lang ausfällt. Und dann haken wir ab, was wir geschafft haben. Erledigt, fertig, das Nächste bitte. Du bist stolz auf Dein Tagewerk – aber manchmal schleicht sich das Gefühl ein, Du würdest nur noch funktionieren, wärest dazu da, ein Pensum abzuarbeiten.

Wie wäre es (so Kerstin Hack), wenn wir nicht durchstreichen würden, was wir erledigt haben, sondern wir würden einen grünen Textmarker nehmen? Grün steht für das Leben.

Und dann mache ich mir klar: Ich habe nicht nur zwei Stunden wie eine Wilde im Haus herumgerödelt mit Wischer, Staubtuch und Klobürste – nein, ich habe ein schönes, gemütliches Zuhause, einen angenehmen Lebensraum geschaffen für die Menschen, die mir am nächsten und liebsten sind.

Ich habe nicht nur einen Pflichtbesuch erledigt, nein, ich habe einem Menschen ein Licht in seinen Tag gebracht, habe ihn mit freundlichen Worten und einem Lächeln beschenkt, hab ihm das Leben lebenswerter gemacht, Hoffnungsfunken angezündet, mit Mut infiziert.

Ich habe nicht nur meine Zeit abgesessen bei einer Sitzung, nein, ich habe etwas eingebracht, damit Leben in unseren Landfrauenverein oder unsere Kirchengemeinde kommt, damit etwas wachsen kann.

Ich habe nicht nur small talk gehalten. als ich die Bekannte in der Stadt getroffen habe, ich habe an einem Band des Vertrauens gewebt, habe Türen geöffnet, kleine Ängste genommen, aufmerksam zugehört!

Ich habe nicht mal schnell etwas gekocht, zack, zack, nein, ich habe die Voraussetzung geschaffen für ein wichtiges Ereignis: dass wir an einem Tisch sitzen, zusammen gehören, Lebensqualität erfahren.

Dieser Gedanke, dass immer etwas wächst aus dem, was ich tue (oder nicht tue), der gefällt mir, er lässt mich anders ans Werk gehen, er setzt Kräfte frei. Es geht nicht um bloße Aktivität, es geht um Wachstum, um etwas, was in der Zukunft Früchte tragen wird (so oder so). Es geht darum, dass wir Menschen nicht zum Geschafft-Sein berufen sind, sondern zum Schaffen, zur Kreativität, als Mitarbeiter in Gottes Welt.

Ich wünsche uns gute Erfahrungen mit dem grünen Textmarker!

Wir tragen viele Masken

Beim Frauenfrühstück der Nikolai-Gemeinde in Rinteln war Dr. Margot Kempf-Synofzik, eine Ärztin aus Bremen, zu Gast. Sie referierte zum Thema „Wir tragen viele Masken“.

Was verbirgt sich hinter den Rollen, die wir spielen? Was verbirgt sich hinter den Masken aus Freundlichkeit, Coolness, Lächeln und Beherrschtsein? Was ist unser „wahres Ich“? Sind wir dann demaskiert, „erwischt“, bloßgestellt?

Oder geschieht ein Ehrlichwerden, ein Aufatmen – etwa so, wie es in dem Brief eines unbekannten Studenten in den 70er Jahren dargestellt wurde:

Bitte höre, was ich nicht sage…. Lass Dich nicht durch mein Gesicht täuschen, das ich mache. Denn ich trage Masken. Masken, die ich fürchte abzulegen….. So tun, als ob, ist eine Kunst, die mir zur zweiten Natur wurde…. Mein Äußeres mag sicher erscheinen, aber es ist meine Maske. Darunter bin ich, wie ich wirklich bin: verwirrt, in Furcht und – allein. Aber ich verberge das…. Ich habe Angst, dass ich tief drinnen in mir selbst nichts bin, nichts wert, und dass Du das siehst und mich abweisen wirst. So spiele ich mein Spiel, mein verzweifeltes Spiel: eine sichere Fassade außen und ein zitterndes Kind innen. Ich rede daher im gängigen Ton oberflächlichen Geschwätzes….Ich verabscheue dieses Versteckspiel, das ich da aufführe. … Nur Du kannst mich zum Leben rufen. Jedesmal, wenn Du freundlich und gut bist und mir Mut machst, jedesmal, wenn Du zu verstehen suchst, weil Du Dich wirklich um mich sorgst, bekommt mein Herz Flügel, sehr kleine Flügel, sehr brüchige Schwingen, aber Flügel!…. Ich möchte, dass Du das weißt. Ich möchte, dass Du weißt, wie wichtig Du für mich bist, wie sehr Du aus mir den Menschen machen kannst, der ich wirklich bin, wenn Du willst…. Du allein kannst die Wand niederreißen, hinter der ich zittere…..Ich wehre mich gegen das, wonach ich schreie. Aber man hat mir gesagt, dass Liebe stärker sei als jeder Schutzwall, und darauf hoffe ich.

Ja, wir Menschen haben Sehnsucht nach einem „wissenden Blick“, wir haben Sehnsucht, dass wir in unserem Versteckspiel entdeckt und daraus befreit werden. Manchmal muss man lange buddeln,um den Menschen, so, wie er wirklich ist, mit seiner Grandiosität und seinen Tragödien, zu verstehen.

Der Theologe Kurt Marti bittet, dass er einen „wissenden Blick“ bekommt, im Gegner den Bruder, im Süchtigen den Sehnsüchtigen, im Störer den Bettler zu finden.

Es gibt mutige Geständnisse, die das Leben verändern können. Es gibt viele Hemmungen, die unseren Beziehungen Tiefe und
Echtheit vorenthalten. Es gibt viele Blockaden, die einen Menschen hindern, das zu entfalten was in ihm steckt.

Wer möchte nicht von Liebe, von einem „wissenden Blick“ berührt werden – endlich aufhören mit Versteckspielen und Maskerade – endlich befreit aus der Angst, man könnte entdeckt werden!

Zu welchen Gästen gehöre ich?

Irgendwo sollte Hochzeit gefeiert werden. Die Brautleute hatten nicht viel Geld, aber dennoch waren sie der Meinung, dass viele Menschen mitfeiern sollten. Geteilte Freude ist doppelte Freude, dachten sie. Es sollte ein großes Fest werden, beschlossen sie, mit
vielen Gästen. Denn warum sollte unsere Freude nicht ansteckend sein, fragten sie sich. Es herrschte unter den Menschen ohnhein mehr Leid als Freude.

Also baten sie die Eingeladenen, je eine Flasche Wein mitzubringen. Am Eingang würde ein großes Fass stehen, in das sie ihren
Wein gießen konnten; und so sollte jeder die Gabe des anderen trinken und jeder mit jedem froh und ausgelassen sein.

Als nun das Fest eröffnet wurde, liefen die Kellner zu dem Fass und schöpften mit großen Löffeln daraus. Doch wie groß war das Erschrecken aller, als sie merkten, dass es nur Wasser war. Versteinert saßen sie da, als ihnen bewußt wurde, dass eben jeder gedacht hatte: Die eine Flasche Wasser, die ich hineingieße, wie niemand bemerken oder schmecken. Nun aber wußten sie, dass alle so gedacht hatten.

Jeder von ihnen war davon ausgegangen: Heute will ich mal auf Kosten der anderen feiern. Ein schlechtes Gewissen und Scham packte alle, nicht nur, weil es ledigich Wasser zu trinken gab. Als um Mitternacht das Flötenspiel verstummte, gingen alle schweigend nach hause, und jeder wußte: das Fest hatte nicht stattgefunden.

Dies ist ein bekannte chinesische Parabel. Sie geht mir nah. Ich frage mich manchmal: Habe ich dazu beigetragen, dass aus diesem Fest etwas wird, dass diese Begegnung gelingt? Habe ich alles Mögliche eingebracht, damit in meiner Familie, in meinem Verein, in meiner Kirchengemeinde das bunte, pralle Leben ist? Habe ich meinen Beitrag geleistet, damit wir in dieser Gesellschaft nicht ständig beim Jammern hängen bleiben, sondern mutige Schritte nach vorn wagen, Hoffnung aufblitzen lassen? Habe ich in meiner Ehe versucht, das Feuer der Liebe in Gang zu halten, damit es nicht vom Staub des Alltags ausgelöscht wird?

Alles, was ich von mir selbst vorenthalte, dass wird der Gemeinschaft, in der ich mich bewege, an Lebendigkeit fehlen. Ein enormer Anspruch! Ich bin verantwortlich, damit aus dem Leben um mich herum etwas wird, damit es gelingt! – Und wir können es gar nicht oft genug weitersagen, was John F. kennedy damals forderte: „Frag nicht immer, was der Staat für dich tun kann. Frag, was du für den Staat tun kannst!“ Frag, was du für deine Kirchengemeinde, für dein Dorf, für deinen Verein, für deine Familie tun kannst, damit es läuft, damit was daraus wird!!

Wo ist der Ort, wo Himmel und Erde sich berühren?

Wahrscheinlich kennt das jeder Mensch: Wir sind auf der Suche nach der Weite in unserer Enge, nach der Ewigkeit in unserer Zeit, nach der Vollkommenheit in unseren Fragmenten, nach einer Heimat in unserer Ruhelosigkeit, nach einer Liebe, die hält, was sie verspricht.

Wo finden wir das?

Es waren einmal zwei Mönche, die lasen miteinander in einem alten Buch. Am Ende der Welt sollte es einen Ort geben, an dem der Himmel und die Erde sich berühren. Sie beschlossen, diesen Ort zu suchen und eher umzukehren, bis sie ihn gefunden hätten. Sie zogen durch die Welt, nahmen viele Strapazen auf sich und ließen sich von niemand und nichts von ihrem Ziel abhalten.

Eine Tür sei dort, so hatten sie gelesen. Man brauche nur anzuklopfen und befinde sich bei Gott. Schließlich fanden sie, was sie suchten, sie klopften an die Tür, bebeneden Herzens warteten sie, bis sie sich öffnete – und als sie eintraten standen sie zu Hause in ihrer
Klosterzelle. Da begriffen sie: Der Ort, an dem Himmel und Erde sich berühren, befindet sich auf dieser Erde, an der Stelle, die Gott uns
zugewiesen hat.

Diese Geschichte ist wunderschön.

Bei mir zuhause kann ich das finden, was ich suche. Wenn der Himmel über mir zum Himmel in mir wird – dann kann ich das Alltägliche zu etwas Besonderem machen, dann kann ich es hell machen, wo es vorher düster war, dann muss nicht alles so bleiben, wie es ist, es sind Veränderungen möglich.

Peter Horton hat gesungen: „Wenn du in dir selber nicht zuhause bist, bist du nirgendwo zuhaus!“ – Aber wenn ich mit mir selbst und mit Gott überein bin, dann wird erstaunliches möglich – an dem Platz, an den ich gestellt bin!