Du nimmst dich immer mit – 20. Dezember

Es tut mir leid, dass die „Seelenfutter-Seite“ für kurze Zeit nicht erreichbar war. Wahrscheinlich sind die Server, Browser und Co. auch überlastet in diesen Tagen.

Wohin wir auch gehen, wir nehmen uns selbst immer mit. Die eigene Geschichte, Erfahrungen, was uns geprägt hat und verletzt, unsere Lebenseinstellung, unsere Art, Menschen wahrzunehmen und auf sie zuzugehen. Wir nehmen uns selbst immer mit, so, wie wir sind: in die Weihnachtstage, auf eine Reise, in eine Beziehung, in ein Konzert oder einen Kurs bei der Volkshochschule, wenn wir ein Buch lesen, zum Kaffeeklatsch gehen, ein Restaurant besuchen oder einen Vortrag hören. Alles betrachten wir durch unsere „innere Brille“.

Ein Märchen aus Asien beschreibt gut, worum es geht:

Ein Mann betrat ein Dorf und suchte einen alten Weisen auf: Er fragte: „Ich weiß noch nicht, ob ich hierher ziehen soll oder nicht, und frage mich, wie die Nachbarn sind. Kannst du mir etwas über die Leute hier erzählen?“ Der Meister fragte zurück: „Sag mir erst, wie die Leute sind, wo du herkommst.“ Der Besucher antworte:“Ach, sie sind allesamt Betrüger und Lügner!“ Da sagte der Meister: „Weißt du was, die Menschen hier sind vom gleichen Schlag.“ Der Besucher verließ das Dorf und kehrte nie mehr zurück.

Eine halbe Stunde später betrat ein anderer Fremder das Dorf. Auch er machte den Meister ausfindig und sagte: „Ich trage mich mit dem Gedanken, ob ich hierher, in dieses Dorf, ziehen will. Kannst du mir etwas über die Leute sagen, die hier leben?“ Wieder bat der Meister: „Erzähl mir erst, welcher Art die Menschen sind, mit denen du bislang gelebt hast.“ – „Ach, sie sind die freundlichsten, mitfühlendsten und liebsten Menschen. Sie werden mir entsetzlich fehlen.“ Und der Meister sagte: „Von dieser Art sind auch die Menschen in unserem Dorf.“

Mut zur Verletzlichkeit – 19. Dezember

Einen Zahnarztbesuch so kurz vor Weihnachten braucht kein Mensch. Aber „Watt mott, datt mott“. Immerhin habe in einer Frauenzeitschrift einen nachdenkenswerten Artikel über den „Mut zur Verletzlichkeit“ gefunden. Es ist gegen den Trend, immer Stärke und Coolness zu zeigen, den Eindruck zu vermitteln, man habe alles im Griff. Und es tut gut, Schwäche nicht zu verbergen.

Seltsam, wenn ich jemand einen Blick in mein Inneres gewähre, dann sind wir einander sehr nahe. Da kommen keine klugen Sprüche. Der andere ist geradezu erleichtert. „Du kennst die Probleme, die ich habe? Du weißt, wie das ist, wenn die Mutter stirbt? Du weißt, wie das ist, wenn es anders läuft als gewünscht? Du kennst das Sorgen um die, die du liebst? Du weißt, wie das ist, wenn der Boden, auf dem man sich sicher fühlte, auf einmal schwankt?“

 Ja, ich kenne das auch! Und wenn wir darüber sprechen, dann fühlen wir uns beim anderen gut aufgehoben und verstanden: Dem anderen geht es ähnlich wie mir! Es ist erstaunlich, was zum Menschsein alles dazugehören kann. „Sprechenden Menschen kann geholfen werden!“ – Da kommt etwas in Bewegung. Erleichterung, innerer Frieden, Trost, Befreiung und Gottvertrauen sind möglich.                                                                                                                                                                                        


Gott sucht eine Frau – 18. Dezember

Die LandFrauen haben sich zu ihrem traditionellen Gottesdienst getroffen, in Hessisch Oldendorf. Es ging um Maria, die Mutter Jesu, von der Martin Luther gesagt hat: „Maria ist über alle Menschen erhaben, weil sie mit dem himmlischen Vater ein Kind hat!“

Wir haben die ganz menschliche Seite von Maria entdeckt. Sie war eine Frau vom Lande, genau wie wir. Sie schwankte hin und her zwischen Vertrauen und Verzweiflung, zwischen Hoffen und Bangen, Lieben und Loslassen müssen – genau wie wir. Sie kannte schwere Lebenswege, wie wir.

Was ist das Besondere an dieser Frau, die von außen betrachtet nichts Besonderes war? Sie hat Ja gesagt zu dem, was Gott mit ihr vorhatte. „Mir geschehe, wie du gesagt hast!“ – Deshalb konnte sie über sich selbst hinauswachsen. Deshalb wurde ihr eine Kraft geschenkt, die größer war als ihre eigene.

Gott sucht eine Frau! Was vor 2000 Jahren geschehen ist, gilt bis heute: Gott möchte in die Welt kommen mit Frieden, Freiheit, Geborgenheit, Trost und Liebe. Stellen wir uns vor, er würde uns zu Weihnachten 2019 fragen, ob wir bereit sind, ihm Raum zu geben in unserem Leben, ob wir bereit sind, ihn in die Welt zu bringen.

Dann sind wir dem Geheimnis von Weihnachten auf einmal ganz nahe. Dann strahlt der Glanz des Himmels in unsere Welt. Dann kommt Gelassenheit ins Leben, die wir von uns aus nicht haben. Dann kommt eine Weite ins Leben, die wir von uns selbst nicht haben.


Von einem zum anderen – 17. Dezember

Der brasilianische Schriftsteller Paulo Coelho hat eine wunderschöne Geschichte geschrieben. Sie erzählt vom Schenken und Beschenktwerden. Ich fasse sie kurz zusammen und empfehle Ihnen, sie im Original zu lesen:

Ein Bauer kommt zum Kloster und schenkt dem Pförtner Weintrauben. Der kann sein Glück gar nicht fassen und gibt sie voller Freude weiter an den Abt, von dem er so viel gelernt hat. Der Abt freut sich und denkt bei den Weintrauben gleich an den kranken Bruder, dem die Weintrauben bestimmt wohltun werden. Der kranke Bruder schenkt die Weintrauben weiter an den Koch, der an den Mesner und der wiederum an den Novizen. Und jetzt der krönende Abschluss: Der Novize schenkt sie dem Pförtner.

Alle haben sich gefreut, weil sie beschenkt wurden. Alle haben sich gefreut, dass sie schenken konnten und andere glücklich gemacht haben. Es ist erstaunlich, wieviel Freude ein einziger Teller mit Weintrauben auslösen kann.

Das geht auch mit Schokolade und Wein, mit Balsamico und einem Kino-Gutschein, mit einer originellen Karte oder eine Christrose, die wir jemand vor die Haustür stellen. Das Weitergeben ist wichtig, dieser Kreislauf der Freundlichkeit, des Aneinanderdenkens.

Der Advent ist eine gute Zeit für Überraschungen. Der Advent ist eine gute Zeit, um die Geschichte von Paulo Coelho mit Leben zu füllen.


Die Stoßzeiten meiden – 16. Dezember

Arztpraxen informieren netterweise auf ihrer Homepage darüber, welche Zeiten für einen Besuch am günstigsten sind, damit ihre Patienten nicht so lange warten müssen.

Der ADAC empfiehlt, manche Autobahnabschnitte zu bestimmten Zeiten zu meiden, wenn es möglich ist: Zum Ferienbeginn, im Berufsverkehr, zum Start ins Wochenendes. Auch Behörden kennen Stoßzeiten – und Urlaubsorte sind in der Saison, sprich Ferienzeit, schnell überfüllt.

Und zu Weihnachten? Jeder weiß: Am Wochenende sind die Städte voller als werktags. Kurz vor dem Fest sind die Schlangen vor der Fleischtheke besonders lang. Du hast die Nummer 66 gezogen, die Anzeigetafel steht auf 23. Ja, sogar in den Kirchen gibt es Stoßzeiten. Meistens sind sie zur Aufführung der Krippenspiele überfüllt.

Manchmal komme ich auf eine verwegene Idee! Ich könnte für wunderbare Karten und Briefe voller Zuneigung die Zeit vom 1. Januar bis 30. November nutzen. Ich könnte jemand mit einem hübschen Geschenk am 10. März überraschen, einfach so. Ich könnte alle, mit denen ich gerne zusammen bin, im Laufe des Jahres einladen. Und aus Erfahrung weiß ich, dass am 1. Sonntag nach Weihnachten in den Kirchen viele freie Plätze zur Verfügung stehen, sogar in der ersten und zweiten Reihe.

Aber, gut, manchmal muss es halt JETZT sein! Ich wünsche Ihnen eine gesegnete dritte Adventswoche.

Die Pausen nicht vergessen – 15.12.

Ein Mann geht im Wald spazieren. Er kommt bei einem Holzfäller vorbei, der schnell und mit großer Anstrengung dabei ist, einen Baumstamm in kleine Abschnitte zu zersägen. Er schwitzt und wirkt ziemlich erschöpft. Der Spaziergänger schaut ihm eine Weile zu und sagt dann: „Hallo, guter Mann, ich habe den Eindruck, dass sie sich ganz schön quälen. Kann es sein, dass sie sich ihre Arbeit unnötig schwer machen? Ihre Säge scheint völlig stumpf zu sein. Warum schärfen sie sie nicht?“ Der Holzfäller schaut nicht einmal hoch und antwortet ziemlich gereizt: „Dazu habe ich keine Zeit, ich muss meine Arbeit schaffen!“

Ich erkenne mich wieder. Lieber nehme ich die Verspannung im Nacken in Kauf, als mir regelmäßig Zeit für die drei wohltuenden Übungen für den Rücken zu gönnen, die mir die Ärztin empfohlen hat. Keine Zeit? Gott hat uns den Sonntag geschenkt – heute sogar den 3. Advent – damit wir uns unterbrechen. Mal nicht Funktionieren, mal nicht die Aufgaben den Tag bestimmen lassen, sondern tun, was uns Flügel verleiht, was Körper und Geist erfrischt. Das Wesentliche wird uns geschenkt!

„Die Säge schärfen“. Das ist ein gutes Bild. Was immer das für Sie heißt, ich wünsche Ihnen gute, wohltuende Erfahrungen damit.


Mir ist nicht weihnachtlich zumute – 14.12.

„Mir ist überhaupt nicht weihnachtlich zumute!“ – Das sagte mir neulich eine junge Frau, die ich beim Einkaufen traf. „Kannst du dich noch daran erinnern, wie das sein kann mit Kindern in der Pubertät? Dann kannst du erahnen, was bei uns gerade abgeht. Von wegen Liebe, Frieden und Harmonie. Hier steppt der Bär. Meine Nerven liegen blank. Die meisten um mich herum sind fröhlich auf Weihnachtsmärkten und -feiern unterwegs und mir ist zum Heulen zumute!“

Es bekommen nicht alle glänzende Augen, wenn sie an Weihnachten denken. Manche stecken im Stress mit dem „Jahresendgeschäft“. Manche geraten zunehmend unter Druck mit dem Brüten über passende Geschenke. Im Seniorenheim sagte mir eine sehr liebe ältere Frau, als ich sie nach dem Weihnachtsfest fragte: „Ich habe keinen Menschen mehr!“ – Für viele gilt nicht „in den Herzen ist’s warm, still schweigt Kummer und Harm!“

So kann die Weihnachtszeit auch sein – und es ist gut, das wahrzunehmen. Trotzdem zünden wir Kerzen kann. Als Hoffnungslichter, die vom Gott an unserer Seite erzählen, dass wir nie mehr alleine sind mit dem, was wir schultern müssen, mit dem, was unseren Nächten die Ruhe raubt! Wir zünden Kerzen an als Hoffnungskraft, mit der sich manches besser durchstehen lässt.

Mag sein, dass wir selbst für den einen oder anderen ein Hoffnungslicht sein können.

Ein Lichtblick sein – 13. Dezember

In Schweden wird heute der Lucia-Tag gefeiert.
Lucia ist die Lichtbringerin, die Leuchtende.
Kein Wunder, dass sie im Norden besonders verehrt wird, wo es jetzt bereits am frühen Nachmittag dunkel wird.
Menschen sehnen sich nach Licht und Klarheit.

Um 6.30 Uhr wird im Dom von Linköping ein besonderer Gottesdienst gefeiert.
In der dunklen Kirche wird das Licht empfangen und von einem zum anderen weitergegeben.
Unsere Enkelin gehört zu den Sängerinnen, das ist ein bewegender Moment für sie.

Am Lucia-Tag gehen junge Mädchen in weißen Kleidern in Altenheime und Krankenhäuser.
Sie tragen eine Kerze in der Hand oder einen Lichtkranz auf dem Kopf.
Sie singen oder verteilen kleine Geschenke.

Menschen sehnen sich nach Licht.
Wem können wir heute ein „Licht-Blick“ sein,
wem können wir eine Freude bereiten,
wo können wir Klarheit schaffen?

„Du bist schön!“ -12. Dezember

Zu Beginn eines Seminars gibt es meistens eine Vorstellungsrunde, wenn es gut geht, mit originellen Ideen. Einmal war die Aufgabe, sich 5 Minuten lang mit jemand zu unterhalten, um ihn dann im großen Kreis vorzustellen. Da sagt die Frau, die mich vorstellt: „Deine Figur möchte ich gerne haben!“ – Ich vergesse zu atmen und denke, das kann jetzt nicht wahr sein. Weiß sie denn nicht, wie ich damit hadere? – Spontan fällt mir die Kabarettistin Frieda Braun ein: Es Viola hat gesagt: „Frieda, du bist schön!“ Und du siehst dieses Mäuschen von Frieda auf der Bühne, die das beim besten Willen nicht glauben kann. Herrlich!

Es gibt eine Eigenwahrnehmung – so, wie wir selbst uns sehen. Es gibt eine Fremdwahrnehmung – so, wie andere uns sehen. Und das ist nicht immer deckungsgleich.

„Tante Emma sitzt wieder in ihrem Zimmer und nimmt übel.“ Diesen Satz habe ich aus dem reichen Erfahrungsschatz einer LandFrau. Tante Emma sagt: „Keiner kümmert sich um mich, alle denken nur an sich. keiner sieht und würdigt, was ich für ein schweres Leben habe!“ Das ist ihre Sicht. Die anderen sehen eine in Selbstmitleid badende, egoistische, launische, fordernde und ständig unzufriedene Frau.

Ich denke an eine Bekannte. Nach außen macht sie den Eindruck, als hätte sie alles im Griff. Sie vermittelt eine beneidenswerte Stärke mit einem Hauch von Perfektionismus. Alles ist tipp topp. Sie selbst empfindet, dass sie nicht liebenswert ist und dass es immer zu wenig ist, was sie leistet, „ungenügend“.

„Du bist teuer in meinen Augen und herrlich, ich habe dich lieb!“ – So denkt Gott von seinen Menschen. In solch eine Zuneigung möchte man doch glatt mit seiner Selbstwahrnehmung hineinwachsen. Die Adventszeit bietet sich dafür an.



Advent, Zeit der Genüsse – 11. Dezember

Großartig, was uns jetzt an Köstlichkeiten angeboten wird. Bei jeder LandFrauenveranstaltung leckere Torte und ein paar selbstgebackene Kekse vom Feinsten. Einladungen zu Pizza, Grünkohl, Ente, 5-Gänge-Menue. Die gebratenen Nudeln vom Chinesen am Bahnhof in Hannover, das Frühstück beim Obsthof Wedeking – und dann sind da noch die Reste vom Martinsabend, die einen gemütlichen Fernsehabend krönen.

Ernährungscoach Patric Heizmann spricht von „Nasch-Demenz“ und meint das Essen zwischendurch, an das man sich im Nachhinein gar nicht mehr erinnern kann – und das auf jeden Fall sichtbare Folgen hinterlässt. Er empfiehlt, ein paar Tage lang mal alles zu fotografieren, was man zu sich genommen hat. Ich vermute, dass auf meinem Handy nicht genug Speicherplatz für diese Dokumentation ist.

„Wie man sich füttert, so wiegt man“, heißt es in einem Graffiti-Spruch. Andere sagen: Wir nehmen nicht vom 1. Advent bis Silvester zu, sondern von Silvester bis zum 1. Advent. – Dann schreibe ich das auf die Liste mit den guten Vorsätzen zum neuen Jahr. Es ist jetzt nicht die Zeit für die legendäre „Schokoladen-Meditation“, bei der ich mir 20 Minuten Zeit nehmen soll für ein klitzekleines Stückchen. Wer hat jetzt schon so viel Zeit!

„Wer nicht genießen kann, wird ungenießbar“. Eine ungenießbare Heidi kann ich jetzt keinem zumuten. Also tröste ich mich mit einer sympathischen Weisheit aus Arabien: „Eine Frau ohne Bauch ist wie ein Himmel ohne Sterne“. Schöner lässt es sich nicht ausdrücken.

Mit einem lieben Gruß an alle Freundinnen, die mein Problem kennen.