24. Dezember – „Es leucht‘ wohl mitten in der Nacht“

Ostfenster der Katharinenkirche in Kathrinhagen, Auetal

In einem Stall hat alles angefangen!
Der Duft von Mist, das schwierige Drumherum passte ganz und gar nicht zu dem weltbewegenden Moment,
als Gott Mensch wurde.

Aber genau dieses Bild vom Stall tröstet.
Gott kommt in unsere Mühe und unseren Mist. Er kommt in die Ecken, die nicht aufgeräumt sind, dahin, wo getrauert, vermisst und gesehnt wird. Er kommt dahin, wo Menschen überfordert, angeschlagen, krank oder einsam sind.

„Euch ist heute der Heiland geboren“.
Das ist Weihnachten.
Wir müssen uns nicht mehr übelnehmen, dass wir nicht perfekt sind.
Auch in diesem Jahr wird nicht alles harmonisch sein in uns und um uns herum – und in der großen Welt schon gar nicht, ganz im Gegenteil! Aber alles ist aufgehoben bei Gott. Alles, was war, was ist und was kommen wird!

Danke, dass uns der Seelenfutter-Adventskalender für vier Wochen miteinander verbunden hat. Gemeinsames Suchen und Finden tut gut. Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest, gute Begegnungen, fröhliche Stunden und die Erfahrung, die Martin Luther in einem Lied so ausgedrückt hat: „Es leucht‘ wohl mitten in der Nacht.“ (EG 23,4)

Mit herzlichen Grüßen, Ihre/Eure Heidrun Kuhlmann

23. Dezember – Glitzer und Funkel und Friede auf Erden und fürchte dich nicht

Münsterkirche in Hameln

Heute Morgen gab es in der NDR Kirche eine Andacht von Pastorin Annette Behnken. Sie trifft Stimmung und Sehnsucht vieler Menschen in dieser Zeit. Da ich die Andacht bei Facebook weiterleiten durfte, darf ich es bestimmt auch hier:

Manche bügeln es. Und früher war mehr davon. Loriot wusste: Früher war mehr Lametta. Heute hängt kaum noch jemand Glitzerfäden in den Weihnachtsbaum. Mein Geschmack ist es auch nicht.

Obwohl: Glitzer möchte ich schon. Atmosphärisch. Stimmungsmäßig. Drei Tage Glitzer und Funkel und Friede auf Erden und fürchte dich nicht. Drei Tage Pause von der Welt und all ihren Erschütterungen. Meine Seele könnte das brauchen. Und ich frage mich: Wie kann es Weihnachten werden, wenn die Welt um uns und in uns erschüttert ist? Aber: ja! Genau so! Genau da. Mitten drin in den Erschütterungen wird es Weihnachten. Genau das macht es aus.

Manche Menschen haben das in abgründiger Bedrohung erfahren. Alfred Delp. Jesuitenpater und Widerstandskämpfer im Nationalsozialismus. Seinen letzten Advent erlebt er 1944 in Haft. Mit gefesselten Händen schreibt er: „Gerade … in der Erbärmlichkeit des Grenzerlebnisses erreichen den Menschen die goldenen Fäden, die in diesen Zeiten zwischen Himmel und Erde gehen und der Welt eine Ahnung von der Fülle geben, zu der sie gerufen und fähig ist.“

Um ihn ist alles dunkel, er weiß, dass die Nazis ihn ermorden werden. Und trotzdem erreichen ihn diese goldenen Fäden. Er schreibt: „Der Schlüssel zu unserem Glück ist nicht außen zu finden, er liegt in uns: Ob wir in aller Dunkelheit wirklich der Botschaft Christi glauben, ihr die Tür öffnen.“

Weihnachten, das heißt, sich den Erschütterungen der Welt und des Lebens sehenden Auges und offenen Herzens aussetzen. Weihnachten führt durch die Erschütterung. Durch die Ohnmacht. Für die Welt und für mein Leben gilt: Da sind Risse. Mehr, als Lametta. Und Weihnachten heißt, dass genau darin, in diesen Rissen, etwas Goldenes leuchten wird. Dass in unserer Ohnmacht und unseren leeren Herzen Heiliges zur Welt kommen wird.

22. Dezember – Nach Hause kommen

Morgen erwarten wir die Kinder.
Weihnachten möchten sie zu Hause sein, da, wo der Zauber vergangener Tage lebt, da, wo es 1000 Erinnerungen gibt. „Driving home for Christmas“ höre ich im Radio, während ich das Mittagessen zubereite.
Zur Begrüßung wird es den „Amsterdamer Topf“ geben, das Traditionsgericht der Familie.

Ist ja klar: Alle haben einen Haustürschlüssel.
Sie wissen, wo sie aufgehoben sind, mit allem, was sie mitbringen.
Im Wohnzimmer hängt die Leine mit den vielen Weihnachtskarten, die uns erreicht haben. Wie „früher“!
Der Herrnhuter Stern leuchtet, wie „früher“. Auf der Tischdecke liegen kleine Sterne aus Ton, mit denen wir Flecken zudecken. Natürlich ist schon eingekauft für den Kartoffelsalat, den Grünkohl und das Crèpes-Büffet. Spiele sind ausgewählt. Das Holz für den Ofen steht bereit. Zuhause, das sind Menschen, Rituale und Orte, die zu uns gehören!

Weihnachten ist die Sehnsucht nach einem Zuhause.
Wir möchten wissen, wo wir hingehören mit allem, was ist und was fehlt. Und es ist wohl das größte Geschenk,
das wir zu Weihnachten bekommen: Wir haben ein Zuhause bei Gott, egal, wie es in unserem Leben gerade aussieht!

21. Dezember – Etwas Persönliches schenken

Foto: Pixabay

Eine Bekannte erzählt von ihrem „Schenke-Buch“. Immer dann, wenn jemand aus der Familie oder aus dem Freundeskreis etwas äußert in Richtung „Das würde mir gefallen“ oder „Das könnte ich mir gut vorstellen“, dann schreibt sie es sofort auf und hat somit stets einen reichen Fundus an Geschenk-Ideen. Weil sie aufmerksam registriert, was andere sich wünschen, gilt sie als echte „Schenke-Künstlerin“. Sie weiß, welches Buch ankommt, dass „Zeit statt Zeug“ heute ganz hoch im Kurs steht und dass Unterwäsche für Männer und Küchengeräte für Frauen nicht unbedingt etwas Persönliches sind.

Es gibt eine schöne Geschichte von Dr. Theodor Bovet, einem Schweizer Arzt. Ich erzähle den Teil, der mich am meisten berührt, mit meinen Worten:

Jonathan träumt vom Stall in Bethlehem, vom Jesuskind. Und er wird ganz traurig. Warum? Weil er kein Geschenk mitgebracht hat! „Du kannst mir trotzdem etwas schenken“, sagt Jesus. Jonathan wird rot vor Freude und sagt: „Ich will dir gerne das Schönste geben, das ich habe: Meinen Mantel, meine elektrische Eisenbahn und mein Lieblingsbuch mit den vielen Bildern.“ – „Nein“, sagt Jesus, „das alles brauche ich nicht. Dazu bin ich nicht auf die Erde gekommen. Ich wünsche mir von dir etwas ganz anders, etwas Persönliches.“
„Was denn?“ fragt Jonathan neugierig. „Schenk mir deine letzte Klassenarbeit!“ , sagt Jesus so leise, dass es sonst niemand hören kann. Da erschrickt Jonathan. „Jesus“, flüstert er zurück und kommt dabei ganz nahe an die Krippe, „da hat doch der Lehrer ‚ungenügend‘ drunter geschrieben!“ – „ Eben darum will ich sie ja haben! Du kannst mir immer das bringen, wo in deinem Leben ‚ungenügend‘ drunter steht. Versprichst du mir das?“ – „Ja, gerne“, antwortet Jonathan und strahlt.

20. Dezember – „… und läuft und läuft und läuft…“

Foto: Pixabay

„Hast du dich heute mit dem Thema geirrt? – Es ist Advent und du schreibst über Füße?“ Ja, ich möchte unseren Füßen heute eine kleine Laudatio widmen. Sie haben es verdient! Gerade jetzt, wenn wir so viel zu erledigen, besuchen und einzukaufen haben. Bei jedem Schritt belasten wir sie mit dem 2- bis 3-fachen unseres Körpergewichtes, wahrscheinlich noch mehr, wenn wir tanzen, springen, hüpfen oder klettern. Das ist echte Schwerstarbeit!

Die Füße tragen uns durchs Leben. Das können wir gar nicht genug wertschätzen. 10 000 Schritte am Tag sollen sie schaffen. Und das mal 75 Kilogramm!! Es ist kaum zu glauben, was sie leisten müssen. Jeden Monat tragen sie das Gewicht des Eiffelturms! Dabei wirken sie so zart unter dem, was an Masse darüber liegt! Ein echtes Wunderwerk. Erstaunlich, wie Muskeln, Gelenke, Knochen und Bänder zusammenspielen, das Gleichgewicht halten, Unebenheiten abfedern, auf Zehenspitzen gehen, manchmal auf extrem hohen Absätzen – das ganze Programm!

Vorhin habe ich sie in Backpulver gebadet und dann eine gute Creme einmassiert. Und ich habe Danke gesagt. Wahrscheinlich haben sie sich gefreut!

P.S. In Psalm 31 heißt es: „Du stellst meine Füße auf weiten Raum!“

19. Dezember – Frieden beginnt in uns

Foto: Pixabay

Auf dem Altar im Fischbecker Gemeindehaus stand das „Friedenslicht von Bethlehem“. In diesem Jahr ist es besonders wichtig! Meine Generation hat sich nicht vorstellen können, dass uns der Krieg so nahe kommen kann und dass in unserer Gesellschaft der Unfriede in erschreckender Weise zunimmt.

Seit 1986 entzündet ein Kind aus Österreich das „Friedenslicht in Bethlehem“ (eine Aktion des ORF). An der Stelle, die als Geburtsort unseres Glaubens gilt, an der die Hirten auf dem Feld sangen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens“ (Lukasevangelium 2, 14). Von dort wird es nach Wien geflogen, um auf die Reise in viele Länder zu gehen. Auch im Deutschen Bundestag hat es einen festen Platz.

Die Aktion „Friedenslicht“ wird von Pfadfindern begleitet und steht in diesem Jahr unter dem Thema „Frieden beginnt in uns“ (Dalai Lama). Der Friede beginnt bei uns zuhause und wird zum Teil einer weltweiten Solidarität. Er verbindet Menschen verschiedener Nationalitäten und Religionen. Gern habe ich eine Kerze am „Friedenslicht“ angezündet, damit es auch bei uns im Haus leuchten kann. Und so mag es immer weitere Kreise ziehen.

18. Dezember – Advent der offenen Türen

Nach dreijähriger Pause dürfen wir uns an den Abenden im Advent wieder treffen. Unter einem Carport, im Wohnzimmer, auf einem Hof – oder, wie heute Abend, in einem Pferdestall. Das war heimelig mit einer großen Laterne in der Mitte und auf Stroh.

Menschen treffen sich in lockerer Runde. Das Wichtigste ist die Gemeinschaft von Jung und Alt. In der kalten Jahreszeit tut die Nähe besonders gut. Meistens gibt es etwas Warmes zu trinken. Eine Geschichte stimmt auf das Weihnachtsfest ein und der Gesang verbindet!

Die meisten in der abendlichen Runde kennen sich, andere haben die Chance, sich kennenzulernen. Neuigkeiten werden ausgetauscht. Wer das Bedürfnis hat zu reden, findet einen Zuhörer. Der eine oder die andere wird geherzt. Nach einer halben Stunde geht die Gruppe mit dem Lied „Alle Jahre wieder“ auseinander. Offene Türen tun gut, offene Herzen allemal.

17. Dezember – „… mitten im kalten Winter“

Für einen Gottesdienst haben wir sie in die Kirche geholt. Normalerweise steht sie jetzt tapfer im Garten. Allen widrigen Umständen und Minusgraden zum Trotz. Sie wirkt zart und ist doch so mutig! Alle anderen Pflanzen haben sich zurückgezogen. Die Christrose tanzt aus der Reihe.

In einem unserer schönsten Weihnachtslieder heißt es: „… und hat ein Blümlein bracht, mitten im kalten Winter!“ Die Christrose schenkt uns die Hoffnung, dass Unmögliches möglich ist.

Sie erinnert mich an die „Dennoch-Kraft“, von der Dr. Rita Süssmuth geschrieben hat in ihrem Buch „Überlasst die Welt nicht den Wahnsinnigen. Ein Brief an die Enkel.“ Rita Süssmuth wirbt dafür, dass wir uns nicht zu schnell mit Zuständen abfinden, die ungerecht und unmenschlich sind. Gegen alle Widerstände Wege suchen, um etwas zu verändern, das hat sie ausgezeichnet in ihrem politischen Leben. Diese mutige Frau hat zeitlebens für die Rechte der Menschen gekämpft. Wir haben ihr viel zu verdanken. In ihr entdecke ich etwas von der Tapferkeit, die eine Christrose auszeichnet.

Und im Stillen wünsche ich mir etwas von dieser „Dennoch-Kraft“.

16. Dezember – Auf dem roten Teppich gehen

Endlich konnten sich die LandFrauen aus Hameln und Rinteln-Hessisch Oldendorf wieder zum Gottesdienst im Advent treffen. Mal keine schlechten Nachrichten, sondern solche, die Mut machen – und viele Begegnungen, die beflügeln, besonders bei anschließendem Punsch und köstlichen Keksen.

Im Mittelpunkt lag ein roter Teppich. Es ging nicht um Applaus, Ruhm und Foto – Shootings. Es ging um das Gefühl, mit Gott und der Welt und sich selbst im Frieden zu sein. „Ich bin wertvoll, jenseits dessen, was ich zustande bringe“, wissen wir durch die Taufe. Wir stehen mit beiden Beinen im Leben, mit allem, was dazugehört – und tragen gleichzeitig den Glanz, die Kraft und den Trost des Himmels ins uns. In uns steckt Ewigkeit, obwohl wir hier nur ein paar Jahre haben. Wir sind ein Wunder, trotz aller Wunden, die das Leben hinterlässt, trotz allem, wo gerade der Wurm drin steckt.

Das Lied „Die Rose“ berührte und an den Stationen Mülltonne, Schatzkiste, Christrose, Leuchter und Spiegel gab es viel zu entdecken. Es war schön anzusehen, wie etliche Frauen ihren Gang über den roten Teppich genossen haben.

15. Dezember – Ein „Seligkeitsding“

Foto: Pixabay

Astrid Lindgren, „Schwedens Beste“, verbrachte eine unbeschwerte Kindheit in der Nähe von Vimmerby,
mit Geborgenheit und Freiheit.
Millionen von Kindern sind mit ihren Büchern groß geworden,
mit Pippi Langstrumpf, Ronja Räubertochter, Madita, Michel von Lönneberga ….
Astrid Lindgren vermittelt Mut, Phantasie und Vertrauen,
die Zuversicht, dass es sich zu leben lohnt,
obwohl die Welt ist, wie sie ist.

„Astrid“.
Der Film war in aller Munde.
Er erzählt davon, dass Astrid Lindgren ihren verheirateten Chef liebt
und mit 18 Jahren schwanger wird.
Die Verbindung darf nicht sein.
Um ihrer Familie eine Schande zu ersparen, reist sie nach Kopenhagen,
bekommt dort das Kind und läßt es bei einer Pflegemutter.

Im Zusammenhang mit Weihnachten schreibt Astrid Lindgren von einem „Seligkeitsding“. Ein schönes Wort, man bekommt etwas so Wunderbares, dass man ganz selig ist, etwas, das einen ganz erfüllt und überwältigt, wofür einem die Worte fehlen.

Ich wünsche Ihnen das eine oder andere „Seligkeitsding“ in dieser Adventszeit, etwas, das Sie berührt und staunen lässt.