28. März 2020 – Che sera, sera

Es ist Anfang der 60er Jahre gewesen, als Doris Day ihren großen Hit gesungen hat: „Che sera, sera, whatever will be, will be, the future’s not ours to see, que sera, sera.“ Bis heute singe ich diesen Ohrwurm mit Begeisterung, aus tiefstem Herzen.

Wir wissen nicht, was kommt. Er war weise, der Seelsorger, der mir vor vielen Jahren empfahl, die Termine im Kalender mit einem Bleistift einzutragen. Neulich habe ich an ihn gedacht, als ich bis Ende April viel zu radieren hatte. „Che sera, sera“ – wie oft kommt es anders als geplant, erhofft, erbeten. Ungebeten knallt etwas dazwischen. Wir können uns aufregen und schimpfen, nach einem Schuldigen suchen, die berühmte „Warum-Frage“ stellen, schmollen, uns als Opfer der Umstände fühlen. „Das ist nicht fair“ mögen wir denken und sagen, oder in Traurigkeit versinken.

Das Lebensmotto meiner lieben Freundin Gerdi heißt: „Es ist, wie es ist!“ – „Was ist, das kannst du nicht ändern, aber was du daraus machst, das liegt bei dir.“ So hat sie ihr über 90-jähriges Leben gestaltet, auch jetzt im Seniorenheim. Eine starke, kreative Frau.

Im Vaterunser beten wir „Dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf Erden“ und sagen damit Ja zu dem, was ist. Ich bete gerne noch etwas anderes: „Deine Liebe geschehe wie im Himmel, so auf Erden“ in dieser Welt, für die Menschen, mit denen ich verbunden bin. „Deine Liebe geschehe – wenn du möchtest, auch durch mich!“

27. März 2020 – Hoffnungsmenschen

Sie hatte eine schlimme Zeit. Einen Mann mit ALS, wenig Hoffnung und eine Menge Probleme. Ein älterer Herr hatte ihr damals gesagt: „Und trotzdem geht jeden Morgen im Osten die Sonne auf!“ – Dieser Satz hat ihr geholfen, durch die bangen Nächte zu kommen, von einem Tag zum anderen.

Der schwedische Schriftsteller und Pastor Tomas Sjödin schreibt, dass er jeden Morgen kurz vor dem Sonnenaufgang aufsteht. Er kocht sich einen Kaffee, setzt sich in den Sessel seines Arbeitszimmers und genießt, wenn es hell wird, wenn die Dunkelheit sich verzieht. Diese Zeiten haben sich in seiner Seele eingeprägt. „Es ist etwas zutiefst Hoffnungsvolles, mitzuerleben, wie die Nacht in den Tag übergeht….“. Jeden Morgen! Tomas Sjödin weiß, wie dunkel die Nächte des Lebens sein können, hat zwei Kinder verloren.

Es wird hell! Wie wunderbar sich das anfühlt, wenn eine unruhige Nacht vorbei ist, in der wir uns mit wilden Grübeleien von einer Seite zur anderen gewälzt haben, wenn wir nach dem Kranksein wieder munter sind, wenn Probleme ihre Wucht verlieren, wenn atmosphärische Störungen in der Familie sich auflösen, wenn es in der Weltpolitik bei Verbalattacken bleibt, die Waffen aber schweigen.

Wir gehen davon aus, dass eine Zeit kommt, in der CORONA nicht mehr das beherrschende Thema sein wird, das viel Angst, Leid und Tod in die Welt bringt. Bis dahin können wir füreinander Lichtblick und Lebensflüsterer sein, einander Mut machen, mit kleinen Gesten Großes bewirken, die Herzen von Menschen erreichen.

Das Leben feiern, obwohl wir nicht wissen, was kommt. Die Sonne genießen, trotz allem, was die Welt gerade heftig durcheinander wirbelt. Einander vom Schweren des Lebens erzählen und gleichzeitig Lieder, Bücher, Gebete, Erinnerungen und Menschen kennen, die Hoffnung und Durchhaltekraft schenken. „Befiehl du eine Wege und was dein Herze kränkt, der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt. Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.

Buchempfehlung: Tomas Sjödin „Beginne jeden Tag wie ein neues Leben“, SCM-Verlag

26. März 2020 – Ich wollte nur mal deine Stimme hören

Ein Hoch auf alle, die das Telefon erfunden und weiterentwickelt haben. In Zeiten wie diesen ist es Gold wert, dass wir einander anrufen können. „Ich wollte nur mal deine Stimme hören!“ Es gibt viel zu erzählen, von Kellern, die gründlich ausgemistet und geputzt werden, von der Kanzlerin, die jetzt in Quarantäne ist, von Blumenläden, die schließen mussten und wir nicht wissen, wo wir zukünftig Salatpflanzen kaufen können. Es geht um Klopapier-Hamsterer und um die Angst vor dem, was kommt. So, wie Oma immer sagte: „Watt wert dorvon?“

Wir philosophieren, wie wir wohl in sechs Wochen aussehen werden, wenn wir bis dahin nicht zum Friseur gehen können, über den Luxus, in einem Haus mit großem Grundstück wohnen zu dürfen, in Waldnähe – während andere in der Stadt auf 80 qm mit zwei Kindern leben. Wir teilen das Leid, die Enkelkinder nicht besuchen zu können – oder den lieben Menschen, der gerade im Krankenhaus liegt, dem Nähe jetzt so gut täte. Wir fragen uns, wie die Corona-Krise die Welt verändern wird und uns selbst – und wann Alleinsein als Einsamkeit empfunden wird. Und wir denken an das unfassbare Leid, überall in der Welt!

Eine erzählt, dass sie jeden Abend eine Kerze anzündet und betet. Sie spürt, dass sie von einer Kraft getragen wird, die nicht ihre eigene ist.

Wenn Sie mich heute angerufen hätten, dann hätte ich Ihnen vom „Ingwer-Shot“ erzählt, von dem mein Mann und ich jetzt jeden Tag ein Schnapsglas voll trinken. Er soll das Immunsystem stärken.

100 Gramm Ingwer schälen und in kleine Stücke würfeln. Mit dem Saft von 3 Orangen und 3 Zitronen in einen Topf geben und mit dem Stabiler auf höchster Stufe 20 – 30 Sekunden pürieren. Dann die Flüssigkeit durch ein Sieb in eine Schüssel geben. 50 ml Agavendicksaft (oder Honig), 1 TL Zimt, 1 Messerspitze Cayennepfeffer und 2 TL Kurkuma hinzufügen und alles noch einmal gut durchmixen. Den Saft in eine Flasche abfüllen und in den Kühlschrank stellen. Die Menge reicht für ca. 7 Tage für 2 Personen.

25. März 2020 – Das Jetzt ist die wichtigste Zeit, die ich habe

Bergamo ist eine malerische Kleinstadt im Norden Italiens. Sie ist uns vertraut durch Bilder, die unter die Haut gehen, durch Menschen, die verzweifelt sind. Kaum eine Stadt beklagt so viele Corona-Tote wie Bergamo.

Aus einfachen Verhältnissen in Bergamo kam Papst Johannes XXIII. (1881 – 1963). Sie nannten ihn „Il Papa Buono“, weil er ein Gespür hatte für das, was die Menschen bewegte. Er wollte ihnen nahe sein, war bescheiden und ständig im Gespräch mit Gott. Er wünschte sich „einen neuen Frühling der Kirche“, dass etwas vom Geist des Evangeliums spürbar wurde im Miteinander, in der Gestaltung des Lebens, in der Verantwortung für die Welt.

Papst Johannes XXIII. hat zehn Gebote der Gelassenheit formuliert, die bis heute aktuell sind – gerade jetzt, wenn Menschen nicht weit im Voraus planen können, wenn sie spüren: Das Heute, das Jetzt ist die wichtigste Zeit, die ich habe.

Nur für heute werde ich mich bemühen, den Tag zu erleben, ohne die Probleme meines Lebens auf einmal lösen zu wollen. – Nur für heute werde ich mich den Gegebenheiten anpassen, ohne zu verlangen, dass sich die Gegebenheiten an meine Wünsche anpassen. – Nur für heute werde ich etwas tun, wozu ich eigentlich keine Lust habe. – Nur für heute werde ich nicht danach streben, die anderen zu kritisieren oder zu verbessern, nur mich selbst. – Nur für heute werde ich in der Gewissheit glücklich sein, dass ich für das Glück geschaffen bin.

Nur für heute werde ich eine gute Tat vollbringen. – Nur für heute werde ich zehn Minuten meiner Zeit einem guten Buch widmen. – Nur für heute werde ich keine Angst haben. – Nur für heute werde ich ein genaues Programm aufstellen. Vielleicht halte ich mich nicht genau dran, aber ich werde es aufsetzen. Und ich werde mich vor zwei Übeln hüten: vor der Hetze und der Unentschlossenheit. – Nur für heute werde ich glauben, selbst wenn die Umstände das Gegenteil zeigen sollten, dass Gott für mich da ist, als gäbe sonst niemanden auf der Welt. – Ich will mich nicht entmutigen lassen durch den Gedanken, ich müsse dies mein ganzes Leben lang durchhalten. Heute ist es mir gegeben, das Gute während 12 Stunden zu wirken.

24. März 2020 – Mundschutz-Maske

LandFrauen sind dafür bekannt, dass sie anpacken und helfen, wo es nötig ist. In der Corona-Krise fehlen Mundschutze allerorten: bei Ärzten, Hebammen, Pflegern, Physiotherapeuten, sozialen Einrichtungen – und im privaten Bereich. Der Bedarf ist groß.

LandFrauen, z.B. aus Rehren-Idensen setzen sich an ihre Nähmaschinen und legen los mit Stoffen aus reiner Baumwolle, die bei 60 ° waschbar sind. Nicht mehr benötigte Bett- und Tischwäsche lässt sich leicht besorgen. Sie haben eine wertvolle Aktion ins Leben gerufen, um Leben zu retten.

Für alle LeserInnen, die Freude am Nachmachen oder Mitmachen haben, hier die Nähanleitung – für alle anderen einfach nur ein wertvoller Impuls, der zeigt: wir alle können etwas tun, auch in dieser Zeit!

Ein herzliches Dankeschön an die LandFrauen. Mehr Informationen auf www.landfrauen-nlv.de

Material: 100 % Baumwollstoff (z.B. gebrauchte und gewaschene Bettlaken, Tischtücher, Geschirrtücher), Nähmaschine, Stoffschere, Nähgarn. Alternativ: Schrägband oder Gummiband.

Die Größe des Mundschutzes ist für Erwachsene ausgelegt, für Kinder dementsprechend bis 3 cm weniger Stoff zuschneiden.

Zwei 20 x 20 cm große Stoffteile abmessen und ausschneiden, die beiden rechten Seiten aufeinander legen. Bei farbigem Stoff sind es die sichtbaren Seiten. Ggf. mit Stecknadeln fixieren.

Das Viereck an drei Seiten 0,5 cm breit vom Rand mit geradem Stich abnähen. Bei der vierten Seite in der Mitte eine Öffnung von ca. 5 cm lassen.

In den vier Ecken den überstehenden Stoff vor der Naht schräg anschneiden. Den Stoff jetzt durch die Öffnung auf rechts ziehen, evtl. die Spitzen z.B. mit einem Bleistift etwas herausdrücken. Dann die Öffnung schließen, indem die Stoffkanten nach innen gelegt und von außen mit einer geraden knappen Naht abgenäht wird.

Jetzt in der Mitte des Stoffstücks drei Falten, jede ca. 1 cm einlegen und diese mit Stecknadeln an beiden Außenseiten fixieren. Die Falten mit einer geraden Naht knapp festnähen.

Die beiden Seiten des Mundschutzes, die parallel zum Mund laufen, gut 1 cm umklappen und festnähen. Der Saum sollte breit genug sein, damit ein Gummiband von ca. 20 cm Länge durchgeschoben werden kann. Dieses gelingt am besten mit einer Sicherheitsnadel.

Alternativ: Zwei Streifen Schrägband aus Baumwollstoff 90 cm lang, 2 cm breit, beide Streifen längs halbieren (knicken), Textilstück einschieben, mit Stecknadeln fixieren und festnähen. Die Bänder werden hinten am Kopf zusammengebunden.

Fertig! Bei 60 “ waschen. Die kleinen Masken bügeln und trocken und sauber in Plastikbeutel legen. Für den eigenen Gebrauch reichen 2 Masken. Jeden Abend bei mindestens 60 ° waschen.

23. März 2020 – Applaus, Applaus

In vielen Orten treffen sich Menschen, um denen zu applaudieren, die wir als wahre Helden in dieser Zeit auszeichnen können, die unser Land am Laufen halten. Eine gute Idee!

Das Pflegepersonal in Seniorenheimen und Krankenhäusern arbeitet mehr, als zumutbar ist. Ärzte und Apotheker ebenso. Die Mitarbeiter in der Telefonseelsorge werden weitaus häufiger angerufen als sonst. Wir applaudieren den Postzustellern, die noch mehr Pakete in die Häuser tragen müssen, als in „normalen“ Zeiten. Wir klatschen für die Müllmänner, die Feuerwehr und Polizei, für die Kassiererinnen in den Supermärkten und die fleißigen Helfer, die in den Regalen für Nachschub sorgen. Wir danken der Landwirtschaft, den Bäckereien und Schlachtereien, den Mitarbeitern vom Pizzabringdienst und ihren Kollegen in anderen Sparten. Wir danken den Pflegerinnen, die ältere Menschen in ihrer Wohnung betreuen, Zahnärzten, die uns trotz Virus-Risiko in den Mund schauen …….und 1000 anderen mehr!

Anerkennung ist wichtig für alle, die „systemrelevant“ sind – und die neben warmen Worten auch mehr Gehalt für ihre Arbeit verdient haben. Anerkennung motiviert und lässt Flügel wachsen.

Anerkennung ist wichtig für alle, dass wir dem anderen mal sagen, wie sehr wir ihn schätzen, wie sehr wir uns freuen, wenn wir an seinem schönen Garten vorbeigehen, wie die Sonne aufgeht, wenn er einen Raum betritt. Danke, dass du da bist, wenn ich dich brauche. Danke, dass ich einen Platz habe in deinem Leben, dass du mich schon häufiger aus meiner Grübelfalle herausgeholt hast. Danke für jeden Sekt, den wir zusammen getrunken haben, für Gespräche, die so wertvoll waren, dass sie bis heute nachklingen.

22. März 2020 – Lichtblicke

Der heutige Sonntag hat den Namen „Lätare“, das heißt: „Freue dich“. Er soll wie ein Lichtblick in der Passionszeit sein, weist auf Ostern hin, auf das neue Leben. Der Gedanke fällt uns schwer in diesen Tagen, in denen unsere Welt in ihren Grundfesten erschüttert wird. Er klingt fast zynisch. Womöglich liegt noch ein langer, leidvoller Weg vor uns, ein Weg, von dem wir nicht wissen, was er mit uns macht.

Aber es gibt in der Tat erstaunliche Beobachtungen, Lichtblicke. In Venedig zum Beispiel. Die wenigsten haben das für möglich gehalten: Das Wasser in den Kanälen ist klar. Man kann Fische sehen und Störche. Es ist Ruhe eingekehrt in der Stadt, die in jedem Jahr von 30 Millionen Touristen besucht wird, in deren Hafen riesige Kreuzfahrtschiffe anlegen. In kürzester Zeit hat sich die Natur erholt.

Vor Triest wurden springende Delphine gesichtet. Sie kamen zurück, weil keine großen Schiffe mehr in den Hafen einfahren. In China gibt es deutlich weniger Stickoxide und Feinstaub. Menschen freuen sich beim Blick in den blauen Himmel.

Wir erleben eine Zeit, in der die Welt sich verändert, in der Menschen ins Fragen kommen, in der wir manches, was wir wie selbstverständlich gelebt haben, in Frage stellen. Es ist ruhiger geworden im Lande. Wir werden nachdenklich. Ich bin gespannt, was wir uns im Sommer erzählen werden von unseren Erfahrungen in der Corona-Zeit. Gott segne uns, der gestern war, heute ist und morgen sein wird – bis in Ewigkeit.

21. März 2020 – Mittags um 12

Es ist erstaunlich, wie Menschen kreativ werden in diesen Wochen. Sie lassen sich etwas einfallen, wie sie mit anderen verbunden sein können – im Leben und im Glauben, in den vielen Fragen, die uns bewegen.

Eine Pastorin von Obernkirchen lädt ein zu einer Andacht um 12 Uhr mittags. Wenn die Glocken läuten, dürfen wir für eine kurze Zeit unterbrechen, was wir gerade tun. Still werden, wenn’s gut geht auch im Kopf und im Herzen.

„Ich bin hier. Gott ist hier. Das genügt!“ – Wir können einen inspirierenden Text aus Bibel oder Tradition lesen und beten: Ich will danken, dass….. – Ich denke an …… – Das bewegt mich gerade sehr …. – Hilf mir….. Ich bete für ….. Zum Schluss beten wir das Vaterunser.

Wir sind verbunden mit anderen Menschen, die auch still werden. Genau jetzt. genau so.

20. März 2020 – Frühlingsanfang

Auf keine Zeit freuen wir uns mehr als auf den Frühling. Das erste zarte Grün bricht auf. Solch ein zartes, frisches Grün gibt es das ganze Jahr über nicht wieder. Wir genießen, wenn die ersten Sonnenstrahlen uns berühren, wenn Winterlinge, Krokusse und Narzissen, Tulpen und Forsythien ihre Farbtupfer setzen.

Die Natur beendet ihren Winterschlaf. Aufbruchstimmung liegt in der Luft. Es ist kaum zu fassen, was die Sonne jetzt alles wachküsst. Wer mag da länger als nötig im Bett bleiben? Sogar der Maulwurf hat’s gemerkt: Es ist Frühling. „Jungs, auf geht’s!“ – Neues Leben nimmt Anlauf. In Äste, die vertrocknet schienen, schießt neues Leben ein. Das erste Grün von Löwenzahn und Bärlauch bereichert den Salat.

Es treibt uns aus dem Haus, verändert Gedanken und Gefühle. Was jetzt in der Natur geschieht, empfinde ich als Hilfe, um etwas zu erstehen, was mein Verstand nicht fassen kann: Auferstehung ist möglich. Denken kann ich das nicht – aber spüren und ahnen.

In mir wächst Hoffnung auf das, was werden kann, obwohl im Moment vieles dagegen spricht. Wenn alles vorbei ist, wenn Corona sich irgendwann verabschiedet, dann wird das Leben wieder aufbrechen. Mein Glaube ist zart und verletzlich, aber der Frühlingsgarten bietet viel Anschauungsunterricht von dem, was sein kann. Und die Vögel singen ihre Lieder dazu.

Halleluja.

19. März 2020 – Geschichten von früher

Es ist Zeit für die Frühlingsblumen auf dem Grab meiner Eltern. „Ach, Mama, sei froh, dass Du Dir keine Sorgen machen musst um das, was gerade die Welt in Atem hält!“

Mama war eine starke Frau. Oft hat sie von früher erzählt. Vom Krieg, vom Bangen um den Mann an der Front. Wir waren arm. Im Haus gab es kein fließendes Wasser, es musste aus dem Brunnen gepumpt werden. Auf dem Hof stand ein Plumpsklo – mit Zeitungspapier (das wir nicht hamstern mussten). Nichts für zarte Gemüter mit einer feinen Nase. Was Mama aus dem eigenen Garten nicht geerntet und später eingekocht hatte, das stand nicht zur Verfügung. Es gab eine Zeit, da war das wenige Geld, das man hatte, nichts mehr wert!

Mama hat erzählt von Solidarität. Einer hat dem anderen geholfen – mit seiner Zeit, seiner Arbeitskraft und seinen Geräten. Allein konnte keiner bestehen. So wurden Häuser gebaut und Felder bestellt. So wurden Kinder betreut und Brote im großen Steinofen gebacken. So wurden Schlachtfeste gefeiert und Kartoffeln gerodet. Ob die Nachbarn sich immer mochten, das weiß ich nicht, aber sie haben zusammengehalten, weil sie einander brauchten.

Ich habe diese Geschichten von früher immer gerne gehört, aber sie waren weit weit weg für mich, wie aus einer anderen Zeit gefallen. Jetzt beginne ich zu verstehen, was die Eltern und Großeltern mitgemacht haben. Und ich verneige mich vor ihrem Mut und ihrer Durchhaltekraft, ihrem Gottvertrauen und Tatendrang. Da war nix mit Komfortzonen und Kreuzfahrten. Ich erinnere mich an ein Zeltwochenende am Steinhuder Meer.

Warum fällt mir das ausgerechnet jetzt ein? Ich bin stolz auf die, die für uns viel geleistet und aufgebaut haben, obwohl die Bedingungen nicht so waren, wie sie es erträumt haben. Von ihnen können wir die Kunst des Improvisieren lernen: Aus dem etwas machen, was uns das Leben zur Verfügung stellt.