Es genug sein lassen – 7. Dezember

„Ich war heute von einer Besinnung zur nächsten unterwegs!“, sagte eine Bekannte sichtlich erschöpft. Oft sind wir gerade im Advent mit einem hohen Tempo unterwegs. In Beruf und Familie, oder weil viele verlockende Angebote auf uns warten. Dies noch und das noch, dann komme ich meinen Erwartungen an diese Zeit besonders nahe.

Advent heißt Ankunft. Kommen wir an bei dem, was uns reich und leicht macht, was uns geschenkt werden kann? Kommen wir dahin, nicht selbst unser größter Antreiber und Kritiker zu sein?

In der Gesellschaft geht es darum, sich selbst immer mehr zu optimieren. Mehr wissen, mehr erleben, mehr Kontakte haben, die freie Zeit immer aktiver und bunter gestalten, mehr sein!

Im Advent wünsche ich mir ein Kontrastprogramm: Es genug sein lassen! Akzeptieren, dass ich nicht alles schaffen werde, was ich an Idealen in mir trage. Akzeptieren, dass ich Grenzen habe, dass ich nicht immer gut drauf bin, dass ich es nicht immer allen recht machen kann. Akzeptieren, dass ich verletzlicher bin, als ich mir eingestehe.

Es genug sein lassen – weil wir Gott genügen, so, wie wir sind – das ist ein wertvoller Gedanke.

Milchzahn trifft Silberlocke – 6. Dezember

Es ist immer wieder ein Gewinn, wenn ich unterwegs besondere Menschen kennenlerne. Ulrike Kraul zum Beispiel. Auf dem Jaeger-Hoff in Dörverden-Westen hat sie einen Ort der Begegnung geschaffen, genau das, was den meisten Dörfern heute fehlt. „Dat Rosenhuscafé“, eine kleine Laube, steht im liebevoll gestalteten Garten mit 180 verschiedenen Rosensorten, Blumen und Sträuchern. Jeder darf kommen: Junge und Alte, Einheimische und Gäste. „Milchzahn trifft Silberlocke“.

Es gibt Getränke, Butterkuchen, Märchenbücher, Musik, viele lauschige Plätze zum Reden und Genießen. Der Generationen-Treff ist zu einem Mittelpunkt im dörflichen Miteinander geworden. Er ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Eine wunderbare Idee. Da bleibt frau nicht stehen bei „hätten, könnten, sollten wir“, sondern setzt um, was ihr richtig und wichtig erscheint, um der Menschen willen.

Nikolaus, den wir heute feiern, war auch so einer, der anderen den Rücken gestärkt und Heimat geschenkt hat. Er hat zugepackt, wenn Menschen in Not waren, wenn ihnen Nähe, Zuspruch und Liebe fehlten, wenn ihnen die Zunge „verwelkte“, weil sie keinen hatten, mit dem sie sprechen konnten.

Das mit den Süßigkeiten am Nikolaustag ist eine schöne Geste. Wer weiß, was uns noch alles einfällt, Menschen das Leben zu „versüßen“.


Sonntagsfrauen – 5. Dezember

„Die Sonntage sind am schlimmsten!“ Viele alleinstehende Frauen empfinden das so. „Die anderen haben ihre Familie und wir sind allein!“ – „Muss das so sein und bleiben?“, fragte eine Landfrau aus der Nähe von Lüneburg. Sie lud in der Zeitung zu einem Sonntagstreff ein. Gleicher Ort, gleiche Zeit, zusammen essen, spielen, klönen, wandern, ausfahren, ein Kino besuchen, ein gemeinsames Wochenende planen.

Vierzig Witwen haben sich gemeldet. Für alle war wichtig: Ich habe die Möglichkeit, mit anderen, denen es ähnlich geht wie mir, etwas zu unternehmen. Wir können uns ganz viel sein und geben. Wertvolle Freundschaften sind entstanden.

Angefangen hat alles mit einer Idee und der Erkenntnis: „Es muss nicht bleiben, wie es ist!“

Heute ist der Internationale Tag des Ehrenamtes. Wie gut, dass Menschen kreativ und motiviert sind, dass sie ihre Zeit, ihr Talent und ihre Liebe schenken. Beim Sport, bei der Feuerwehr, beim Roten Kreuz und im Chor, in den Kirchengemeinden und in der Kommunalpolitik…… Wie arm wäre unsere Gesellschaft ohne die Eigeninitiative, dass jeder seinen Teil zum Gelingen des Ganzen beisteuert.

Die Idee mit den „Sonntagsfrauen“ gefällt mir besonders gut. Schön, dass sie sich diesen Namen gegeben haben.

etwas unternehmen, sich verabreden,

Demokratie beginnt am Küchentisch – 4. Dezember

Die Vorsitzende des Niedersächsischen LandFrauenverbandes schickt in jedem Jahr einen Weihnachtsbrief an die Vereine. Gerne möchte ich mit Ihnen einige der wertvollen Gedanken von Elisabeth Brunkhorst teilen:

„Bevor du sprichst, lass deine Worte durch drei Tore schreiten. Beim ersten Tor frage: Sind sie wahr? Am zweiten frage: Sind sie notwendig? Am dritten Tor frage: Sind sie freundlich?“ (Rumi)

„Diese Worte sind sehr alt und aktueller denn je. Der Umgang miteinander und unsere Diskussionskultur haben sich in den vergangenen Jahren sehr zum Nachteil gewandelt. Heute reden wir vermehrt übereinander statt miteinander. Das persönliche Gespräch wird oftmals gemieden, der Weg über Dritte oder die sozialen Medien gesucht. Die Folgen spüren wir alle. Und ich meine, kaum jemand heißt sie gut….

In meinem Weihnachtsbrief möchte ich Ihnen Mut machen, wieder mehr aufeinander zuzugehen, miteinander ins Gespräch zu kommen, verzeihen zu können. Eigentlich ist es eine Kleinigkeit, freundlich zu sein, tolerant anderen gegenüber, achtsam miteinander – und doch kostet es uns Mut. Nutzen Sie die Adventszeit und machen Sie sich wieder auf den Weg zueinander, es macht unser Herz frei und uns glücklicher….

Im nächsten Jahr startet unser neues Thema „Demokratie meint dich!“ Es geht uns alle an. Wir machen uns Sorgen, denn Demokratien geraten weltweit in die Krise. Das ist auch bei uns zu spüren. Denken Sie daran: Demokratie fängt schon am Küchentisch an, indem wir einander zuhören, miteinander reden und Verständnis füreinander aufbringen.“

Nicht vergessen: Zweige in die Vase stellen. Heute ist Barbara-Tag!


Die goldene Regel – 3. Dezember

„Behandle die Menschen so, wie du von ihnen behandelt werden möchtest.“ Das klingt einfach, ist aber alles andere als das! Jesus mutet uns etwas zu.

Wie möchten wir denn behandelt werden, jetzt, im Advent? Lassen Sie ihren Gedanken freien Lauf!

Ich mag Überraschungen (Juchhu, bei mir stand heute ein Geschenk vor der Tür – einfach so!). Ich freue mich über Gespräche, bei denen wir echt und einander nahe sind. Ich erwarte, dass Menschen hinter meinem Rücken nicht anders über mich sprechen als mit mir direkt. Ich bin enttäuscht, wenn mich jemand lediglich von seiner To-do-Liste für „Verpflichtungen“ abhakt, ich aber keine Liebe und Wärme spüre.

Ich genieße es, wenn jemand beim „Offenen Advent“ wertvolle Texte vorliest und für seine Weihnachtskarten persönliche Worte findet. Ich mag Geschenke, bei denen ich spüre: Da hat einer nachgedacht und sich eingefühlt. Ich sitze gerne mit Menschen beim Essen, wenn wir uns etwas zu sagen haben. Ich bin gerührt, wenn mir jemand einen Blick in sein Herz gewährt …..

„Behandle die Menschen so, wie du von ihnen behandelt werden möchtest.“ Fertig werden damit nie, aber es kommt Farbe ins Leben!


„Du glaubst es nicht…..“ 2. Dezember

Eine Freundin war auf dem Weg zum Übungsabend des St. Nikolai-Chores in Rinteln. Sie strahlte und schwärmte: „Du glaubst es nicht, was die Frau Brinkmann (Kantorin) alles aus uns herausholen kann. Dann singst du Töne, von denen du überhaupt nicht gewusst hast, dass sie in dir stecken, dann wächst du über dich selbst hinaus.

Ich habe mich mit ihr gefreut und konnte das aus eigener Erfahrung gut nachvollziehen. Es gibt Menschen, die können etwas aus uns herauslocken und herauslieben. Die tun gut.

Wenn wir ihm Raum geben, dann hat Gott auch die Möglichkeit, etwas aus uns herauszulieben – und wir wundern uns, was alles in uns steckt, wie wir sein können: freundlich, großzügig, emphatisch, gut für positive Überraschungen, hilfsbereit. Stellen Sie sich vor, wir würden uns in drei Wochen treffen: „Du glaubst es nicht, was ich alles in mir entdeckt habe!“


Unentdeckte Schätze – 1. Dezember

So lange sie denken konnte, hing das Bild in ihrer Küche. Als die ältere Dame ihr Haus verkaufen wollte, wurde jemand darauf aufmerksam. Es handelte sich um das Werk „Der verspottete Christus“ aus dem Jahre 1280, gemalt von einem italienischen Meister. Ein Experte schätzte das Kunstwerk auf einen Preis von mindestens 4 Millionen Euro.

Ein Zufallsfund zwischen Küche und Wohnzimmer. Ein Leben lang in der Nähe der alten Dame, unentdeckt. Sie war eine super reiche Frau und wusste nichts davon, hat wahrscheinlich ganz bescheiden gelebt.

Alle Jahre wieder feiern wir Advent. Gott kommt in die Welt. Das ist nicht ein 2000 Jahre altes Datum. Er kommt hier und heute – zu uns. Lebendig, als Mutspritze, Antidepressivum, Lastabnehmer, Inspiration und Licht auf dem Weg. Der, auf den wir warten, ist schon da. Und wenn es auch in diesem Advent immer wieder die Spannung geben sollte zwischen dem, wie wir es wünschen und dem, was wir ist…. Wir sind nicht allein mit dem, was ist.

Wir sind reich! Es wäre unendlich schade, wenn wir diesen Schatz nicht in Gebrauch nehmen würden!

Ich wünsche Ihnen eine schöne Adventszeit.


Euch ist heute der Heiland geboren – 24.12.

Heiligabend!
Es ist wunderschön mit den vielen Lichtern im Haus
und den Geschenken unterm Tannenbaum.
Wir genießen leckeres Essen
und das Zusammensein mit der Familie.

Aber da ist noch mehr, viel mehr.
Ansonsten wäre Weihnachten ein viel zu kleines Pflaster
für eine viel zu große Sehnsucht.

Wir feiern, dass der Heiland geboren wird.
Das wirkt bis in die dunkelsten Ecken unserer Erde,
wo Menschen leiden,
wo die Hoffnung verloren gegangen ist
und Beziehungen zerbrochen sind,
wo die Natur stöhnt unter dem, was Menschen ihr antun.

Es kann anders werden.
Dadurch, dass möglichst viele mitwirken an der Geschichte des Friedens,
der Liebe und Gnade,
die damals in Bethlehem vor 2000 Jahren begonnen hat.
Wir sind welche, auf die es ankommt.
Wir sind welche, auf die es Gott ankommt.
egal, wie groß oder klein unser Beitrag ist.
Manchmal reicht schon ein gutes Wort.

Herzlichen Dank, dass Sie die Texte des Adventskalenders
auf Seelenfutter gelesen haben.
Danke auch für alle Kommentare und Rückmeldungen.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben Momente von Gottes Nähe,
dass Sie Glück erleben und anderen Glück schenken,
dass Angst und Überforderung kleiner und der Mut zum Leben größer wird.

Mit einem herzlichen Gruß,
Ihre Heidrun Kuhlmann

Helden im Hintergrund – 23.12.

„Na, das macht heute aber auch keinen Spaß!“
Im strömenden Regen pickte sie mit einer Greifzange Müll
vom Parkplatz und aus den Rabatten.
Es war windig und ungemütlich.

Und dann erzählte sie,
wie Menschen ihre Parkscheine wegwerfen,
die Pappbecher vom Imbiss,
all das, was sie nicht mehr in ihrem Auto haben möchten.
„Es wird immer schlimmer.“
Regelmäßig liegt neben den Abfalleimern ein Haufen
von Flaschen und Restmüll.

Und wenn die Leute es nicht mehr zur öffentlichen Toilette
schaffen, dann wählen sie schon mal die Notlösung auf dem Parkplatz.

Eigentlich ist sie als Gärtnerin bei der Stadt angestellt,
aber das mit dem Müll gehört halt auch dazu,
damit alles schön ordentlich und sauber ist.

Ich hatte einen Termin beim Arzt und musste weiter.
Sie sagte: „Es hat mir gut getan, dass ich das mal loswerden konnte
und dass sie sich Zeit genommen haben!“

Wie viele Helden wirken im Hintergrund.
Sie tun, was alles andere als attraktiv ist,
aber unbedingt wichtig.
Über sie wird in den Medien nicht berichtet.
Umso mehr haben sie unsere Wertschätzung verdient.

Auch in der Weihnachtsgeschichte gibt es die stillen
Helden im Hintergrund,
kaum benannt, aber unbedingt wichtig.

En beten scheef het Gott leef – 22.12.

Das mit dem Tannenbaum ist so eine Sache.
Früher hat mein Mann ihn alleine ausgesucht.
Er war so groß, oben zu dünn,
die Nadeln waren zu schlapp, um etwas daran zu befestigen.
Er war zu breit, zu schief gewachsen,
die Proportionen stimmten nicht.
Er hatte zwei Spitzen. Ein absolutes no go.

Jetzt fahren wir zu zweit los,
stehen inmitten von 60 wunderschönen Bäumen
und diskutieren so ernsthaft wie über die Zukunft unserer Welt.
Irgendwas ist immer!

Warum bin ich so anspruchsvoll?
Was soll das Theater?

Ich bin doch auch nicht perfekt!
Einzelheiten werde ich ihnen ersparen,
aber eine 20-Punkte-Liste kann ich innerhalb von einer
Minute zusammenstellen.
Von A wie alternde Haut bis Z wie Zellulitis.

En beten scheef het Gott leef.
Ich glaube tatsächlich, dass wir, unvollkommen wie wir sind,
von Gott geliebt werden,
mit der kompletten Biografie.

Von einer schönen Tradition habe ich gehört:
Zu Weihnachten einen Ast aus dem Baum herausschneiden
und ihn auf das Grab eines Menschen legen,
den wir im vergangenen Jahr verloren haben.
Ich werde Mutter einen Ast bringen.
Der Baum hat dann ein Loch.
So ist das Leben.