Euch ist heute der Heiland geboren – 24.12.

Heiligabend!
Es ist wunderschön mit den vielen Lichtern im Haus
und den Geschenken unterm Tannenbaum.
Wir genießen leckeres Essen
und das Zusammensein mit der Familie.

Aber da ist noch mehr, viel mehr.
Ansonsten wäre Weihnachten ein viel zu kleines Pflaster
für eine viel zu große Sehnsucht.

Wir feiern, dass der Heiland geboren wird.
Das wirkt bis in die dunkelsten Ecken unserer Erde,
wo Menschen leiden,
wo die Hoffnung verloren gegangen ist
und Beziehungen zerbrochen sind,
wo die Natur stöhnt unter dem, was Menschen ihr antun.

Es kann anders werden.
Dadurch, dass möglichst viele mitwirken an der Geschichte des Friedens,
der Liebe und Gnade,
die damals in Bethlehem vor 2000 Jahren begonnen hat.
Wir sind welche, auf die es ankommt.
Wir sind welche, auf die es Gott ankommt.
egal, wie groß oder klein unser Beitrag ist.
Manchmal reicht schon ein gutes Wort.

Herzlichen Dank, dass Sie die Texte des Adventskalenders
auf Seelenfutter gelesen haben.
Danke auch für alle Kommentare und Rückmeldungen.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben Momente von Gottes Nähe,
dass Sie Glück erleben und anderen Glück schenken,
dass Angst und Überforderung kleiner und der Mut zum Leben größer wird.

Mit einem herzlichen Gruß,
Ihre Heidrun Kuhlmann

Helden im Hintergrund – 23.12.

„Na, das macht heute aber auch keinen Spaß!“
Im strömenden Regen pickte sie mit einer Greifzange Müll
vom Parkplatz und aus den Rabatten.
Es war windig und ungemütlich.

Und dann erzählte sie,
wie Menschen ihre Parkscheine wegwerfen,
die Pappbecher vom Imbiss,
all das, was sie nicht mehr in ihrem Auto haben möchten.
„Es wird immer schlimmer.“
Regelmäßig liegt neben den Abfalleimern ein Haufen
von Flaschen und Restmüll.

Und wenn die Leute es nicht mehr zur öffentlichen Toilette
schaffen, dann wählen sie schon mal die Notlösung auf dem Parkplatz.

Eigentlich ist sie als Gärtnerin bei der Stadt angestellt,
aber das mit dem Müll gehört halt auch dazu,
damit alles schön ordentlich und sauber ist.

Ich hatte einen Termin beim Arzt und musste weiter.
Sie sagte: „Es hat mir gut getan, dass ich das mal loswerden konnte
und dass sie sich Zeit genommen haben!“

Wie viele Helden wirken im Hintergrund.
Sie tun, was alles andere als attraktiv ist,
aber unbedingt wichtig.
Über sie wird in den Medien nicht berichtet.
Umso mehr haben sie unsere Wertschätzung verdient.

Auch in der Weihnachtsgeschichte gibt es die stillen
Helden im Hintergrund,
kaum benannt, aber unbedingt wichtig.

En beten scheef het Gott leef – 22.12.

Das mit dem Tannenbaum ist so eine Sache.
Früher hat mein Mann ihn alleine ausgesucht.
Er war so groß, oben zu dünn,
die Nadeln waren zu schlapp, um etwas daran zu befestigen.
Er war zu breit, zu schief gewachsen,
die Proportionen stimmten nicht.
Er hatte zwei Spitzen. Ein absolutes no go.

Jetzt fahren wir zu zweit los,
stehen inmitten von 60 wunderschönen Bäumen
und diskutieren so ernsthaft wie über die Zukunft unserer Welt.
Irgendwas ist immer!

Warum bin ich so anspruchsvoll?
Was soll das Theater?

Ich bin doch auch nicht perfekt!
Einzelheiten werde ich ihnen ersparen,
aber eine 20-Punkte-Liste kann ich innerhalb von einer
Minute zusammenstellen.
Von A wie alternde Haut bis Z wie Zellulitis.

En beten scheef het Gott leef.
Ich glaube tatsächlich, dass wir, unvollkommen wie wir sind,
von Gott geliebt werden,
mit der kompletten Biografie.

Von einer schönen Tradition habe ich gehört:
Zu Weihnachten einen Ast aus dem Baum herausschneiden
und ihn auf das Grab eines Menschen legen,
den wir im vergangenen Jahr verloren haben.
Ich werde Mutter einen Ast bringen.
Der Baum hat dann ein Loch.
So ist das Leben.

Er ist wieder da – 21.12.

Fast 200 Tage war er im Weltall unterwegs.
Jetzt ist ISS-Kommandeur Alexander Gerst wieder zurück auf der Erde.

3000 Erdumkreisungen hat er hinter sich – und dabei große Einsichten bekommen.
Er schwärmt von einem wunderschönen Planeten.
Gleichzeitig bittet er in einer sehr emotionalen Botschaft
seine (noch nicht geborenen) Enkel um Entschuldigung.

Seine Generation wird die Erde nicht im besten Zustand hinterlassen, sagt er.
Und keiner kann sagen, er hätte nichts davon gewusst.
Doch wir wissen es,
dass wir die Erde mit Kohlendioxid verpesten,
das Klima zum Kippen bringen,
Meere mit Müll verseuchen,
die Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen,
viel zu schnell verbrauchen,
zum Großteil sinnlose Kriege führen.
Hoffentlich kriegen wir noch die Kurve,
damit wir nicht in Erinnerung bleiben als die Generation,
die die Lebensgrundlagen für ihre Nachkommen zerstört hat.
Die Erde ist viel kleiner und zerbrechlicher,
als die allermeisten Menschen sich das vorstellen.

Und dann macht Alexander Gerst einige Vorschläge,
wie jeder von uns anfangen kann, pfleglicher mit der Erde umzugehen:
Es lohnt sich, mit den Nachbarn gut auszukommen.
Träume sind wertvoller als Geld.
Die eigene Sichtweise ist immer unvollständig.
Die Zukunft ist wichtiger als die Vergangenheit.
Ein Tag, an dem wir über unseren Horizont hinausgeschaut haben.
ist ein guter Tag.

Er ist wieder da, unser Mann im All.
Hoffentlich wird seine Botschaft gehört von allen,
die für unsere Welt Verantwortung tragen!
Von uns allen!

Jeder Tag hat seine Geschichte – 20.12.

Jeden Tag aufschreiben, was mich am meisten berührt, aufgewühlt oder gefreut hat.
Ich habe mir das angewöhnt,
denn es tut gut, diese frisch erlebten Geschichten von Großem und Kleinem,
Schönem und Schwerem festzuhalten und im Nachhinein zu lesen.
Das pralle Leben sozusagen.

Heute wollte ich schreiben über den Gottesdienst zum Thema
„Weihnachten mit Astrid Lindgren“, den die LandFrauen
Rinteln-Hessisch Oldendorf mit viele Gästen gefeiert haben.
Ich wollte schreiben von der starken Frau aus Schweden,
mit deren Büchern Generationen von Kinder groß und mutig geworden sind,
die sich selbst einen „melancholischen Lebensbejaher“ nannte.
Ich wollte schreiben über gute Begegnungen, fröhliche Lieder und das
stimmungsvolle „Bühnenbild“ einer schwedischen Landschaft.

Kurz vor dem Gottesdienst ging bei uns zu Haus das Überdruckventil
an der Heizung kaputt. 90 Grad heißes Wasser sprudelte heraus.
Ich hatte Angst, dass etwas platzt oder mir um die Ohren fliegt.

So ist das Leben, durchwachsen,
mit wunderbaren Erlebnissen und dem, was uns aus der Bahn wirft..,
wo alle erhabenen Gedanken flöten gehen.

Also nehme ich dies als Geschichte des Tages:
Das Leben ist durchwachsen,
Gott ist immer dabei.

Eine Kerze anzünden – 19.12.

Ich bin gern in Hameln,
mag die Atmosphäre dort, den Wochenmarkt, die alten Fachwerkhäuser,
die Insel und den Weihnachtsmarkt.
Und auch mein kleines Ritual:
Jedes Mal, wenn ich in der Stadt bin, besuche ich die Münsterkirche
und zünde eine Kerze an.

Für Menschen, die mir besonders am Herzen liegen,
die sich von einem lieben Menschen verabschieden mussten,
die es gerade schwer haben,
für die erwachsenen Kinder und die Enkel,
für die Anlässe zur Freude.

Ich zünde eine Kerze an für die, die Verantwortung für unsere Welt tragen
in Washington, Moskau, Peking, Paris, London, Ankara, Jerusalem oder Berlin,
für das Sehnen der Menschen,
für das, was uns Angst macht.

Dann setze ich mich einen Moment hin
und vertraue alles, was mir gerade einfällt, dem lebendigen Gott an.
Oder sage nur: „Du weißt“.

Gut, dass wir einander haben,
dass wir füreinander da sind,
wir Menschen –
und der Anfänger, Liebhaber und Vollender allen Lebens.

In Gebrauch nehmen – 18.12.

„Ich werde jetzt fit, schlank und straff!“
Sie strahlte und schwärmte von ihrer neuen Errungenschaft,
einem Rudergerät für Zuhause.
„Beim Rudern trainierst Du einen Großteil Deiner Muskeln
und baust Kondition auf!“

So weit, so gut. Nach der Anfangsbegeisterung wurde das neue
Zauberinstrument nur selten benutzt.
Fit, schlank und straff muss warten!

Goethe sagte:
„Es ist nicht genug zu wissen, man muss auch anwenden.
Es ist nicht genug zu wollen, man muss auch tun.“

Großartige Bücher von Lebenskunst und Weisheit stehen
im Regal.
Zwei laufende Meter Kochbücher mit wunderbaren Rezepten.

Ein Joghurt-Gerät steht bereit für die Selbstversorgung
mit Joghurt und dem Verzicht auf Plastikbecher.

Etwas haben und das, was ich habe, in Gebrauch nehmen,
dazwischen können Welten liegen.

Von Freiheit wissen – und als freier Mensch leben.
Von Gnade wissen – und gnädig sein, mit Gnade leben.
Von Vergebung wissen – und vergeben, anderen und sich selbst.
Vom Glauben wissen – und Gott vertrauen auf unseren Wegen.

Ich glaube, es gibt viel zu staunen,
wenn wir das Gute, das wir haben, in Gebrauch nehmen.

Ich bin nicht fertig geworden – 17.12.

Es gibt Sätze, die müssen wir immer und immer wieder hören,
bis sie ein Teil von uns werden,
bis sie uns tragen.

„Ich bin nicht fertig geworden.“
Das ist solch ein Satz für mich.
Auch in diesem Jahr werde ich es nicht schaffen,
alle Karten zu schreiben, die ich gerne schreiben möchte.
Auch in diesem Jahr werde ich es nicht schaffen,
alle lieben Menschen zu besuchen, die ich gerne besuchen möchte.
Auch in diesem Jahr werde ich es zu Weihnachten nicht schaffen,
das ganze Haus von oben bis unten tippi toppi zu präsentieren.

„Ich bin nicht fertig geworden“.
Bei der Feier zum runden Geburtstag war alles schön zurecht gemacht.
Das Essen war spitze.
Die Stimmung hätte nicht besser sein können.
Wir stießen an auf das Wohl des Geburtstagskindes.
Ich hob meinen Kopf zum trinken und sah auf der Lampe über mir:
„Das Geburtstagskind ist nicht fertig geworden!“

Selten habe ich mich so gefreut.
„Willkommen im Club“.
„Auch du wunderbare Frau hast nicht alles geschafft. Wie sympathisch.“
Selten habe ich danach eine Party so genossen wie diese.

Wir sind nicht perfekt! Und gerade deshalb können wir fröhlich
Weihnachten feiern: „Freut euch, euch ist der Heiland geboren!“
Der gerne kleine Gott kommt zu uns gerne großen Menschen,
um uns zu versöhnen mit unseren beschränkten Möglichkeiten,
mit dem, was ist, obwohl wir es so gerne anders hätten.

Ich kenne kaum einen anderen Satz, der uns so beschwingt und erleichtert
und ermutigt wie diesen: „Ich bin nicht fertig geworden!“

Eine harte Nuss – 16.12.

In diese Zeit um Weihnachten herum gehört es, dass wir Nüsse knacken.
Sie wissen: Manchmal lassen sie sich nur schwer öffnen.
Es gibt Lektionen im Leben, die sind wie eine harte Nuss.

Wir haben alle unsere Erwartungen, Wünsche und Bitten:
Es möge leichter werden, was schwer ist ist.
Wir möchten Wege finden, wo wir derzeit keine sehen.
Es möge gelingen, was wir anpacken.
Unser Leben möge sich so entwickeln, wie es uns
als richtig und gut erscheint.
Unsere Familie möge bewahrt bleiben vor Katastrophen.

Das ist menschlich! Das leuchtet ein!

Was ist aber, wenn unsere Erwartungen und Bitten
nicht erfüllt werden?
Wenn die Wirklichkeit anders aussieht,
als unsere sorgsam geschmiedeten Pläne?
Ich habe viel davon gehört im Advent.

Wer sich an das klammert,
was seiner Meinung nach sein soll,
der lebt ständig mit der Angst vor Enttäuschungen:
„Es könnte geschehen, was ich nicht will.“

Christliche Hoffnung rechnet mit Gott, egal, was kommt.
Sie rechnet mit einer Geborgenheit,
die tiefer reicht als unsere Angst und Trauer.
Sie vertraut darauf, dass es hinter unserem Horizont
immer noch weiter geht, noch viel weiter.

Ich wünsche Ihnen einen guten 3. Advent.

Koch dich erst mal ’nen Kaffee

Wenn die alte Landhebamme ins Haus kam und die werdende Mutter begrüßte,
die unter ihren Wehen stöhnte, dann konnte sie ja nicht sagen:
„Mädchen, das ist ja schlimm, was machen wir denn nun?“
Nein, sie musste stark sein und helfen, das Kind zur Welt zu bringen.
Natürlich wusste sie, dass die nächsten Stunden kein Zuckerschlecken waren.

Sie sagte: „Mädchen, nun jammer mal nicht, koch dich erst mal ’nen Kaffee!“
Die Grammatik ist so schräg, dass ich diesen Satz nie wieder vergessen habe.
In ihm steckt viel Weisheit.
Wenn etwas ist, was dich fordert, überfordert,
wenn du nicht herausfindest aus deinen Grübeleien:
„Koch dich erst mal ’nen Kaffee!“

Geh eine halbe Stunde lang an die frische Luft,
ruf eine Freundin an,
tanze nach südamerikanischen Rhythmen,
blättere eine interessante Zeitschrift durch ….

„Koch dich erst mal ’nen Kaffee!“
Nach einer kleinen Unterbrechung, wenn du etwas Abstand bekommen hast,
kannst du mit neuen Gedanken und Kräften,
in einer anderen Stimmung wieder ans Werk gehen.
Manchmal können wir etwas nicht erkennen, weil wir zu dicht dran sind,
weil wir zu tief drinstecken.

Hebammen sind wunderbare, taffe Frauen.
Sie helfen mit, dass neues Leben geboren wird.