Mist

Das Pferd macht im Stall den Mist, und wiewohl der Mist Unflat und Gestank in sich hat, zieht dasselbe Pferd denselben Mist mit großer Anstrengung auf das Feld, und daraus wächst edler, schöner Weizen und der edle, süße Wein, der nirgends so wachsen würde, wäre der Mist nicht da.

Ebenso trag deinen Mist – das sind deine eigenen Schwächen, mit denen du nicht fertig werden, die du nicht ablegen und überwinden kannst – mit Anstrengung und Fleiß auf den Acker des liebevollen Gottes und breite den Mist auf das edle Feld: ohne Zweifel wächst daraus in demütiger Gelassenheit edle, wonnigliche Frucht.

Johannes Tauler

Wo Himmel und Erde sich berühren

Es waren zwei Mönche, die lasen miteinander in einem alten Buch, am Ende der Welt gebe es einen Ort, an dem der Himmel und die Erde sich berühren. Sie beschlossen, ihn zu suchen und nicht umzukehren, ehe sie ihn gefunden hätten. Sie durchwanderten die Welt, bestanden unzählige Gefahren, erlitten alle Entbehrungen, die eine Wanderung durch die ganze Welt fordert, und alle Versuchungen, die einen Menschen von seinem Ziel abbringen können.

Eine Tür sei dort, so hatten sie gelesen, man brauche nur anzuklopfen und befinde sich bei Gott. Schließlich fanden sie, was sie suchten, sie klopften an die Tür, bebenden Herzens sahen sie, wie sie sich öffnete. Als sie eintraten, standen sie zu Hause in ihrer Klosterzelle.

Da begriffen sie: Der Ort, an dem Himmel und Erde sich berühren, befindet sich auf dieser Erde, an der Stelle, die uns Gott zugewiesen hat.

Verfasser unbekannt

Wer eine ähnliche Geschichte für Kinder sucht: „O wie schön ist Panama“ von Janosch

Trost

Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.

Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.

Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind, und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden, als mit unseren vermeintlichen Guttaten.

Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.

Dietrich Bonhoeffer: Widerstand und Ergebung, Seite 22f

Einstimmen

Bevor das Orchester den ersten Ton spielt, werden die Instrumente gestimmt. Auf den Kammerton a. Piccoloflöten und Harfen, Trompeten und Kontrabass brauchen den gleichen Ausgangston für einen harmonischen Zusammenklang.

Wir brauchen wohl auch so ein Einstimmen auf den Ausgangston allen Lebens, dass wir uns einschwingen in den großen Fluss allen Seins, in eine Gelassenheit, die nur möglich ist, wenn wir zulassen und loslassen können, in das Wissen, dass wir geliebt sind.

Jeden Morgen, vor allem Planen, vor allen Nachrichten, bevor ich mit dem Tagespensum loslege, möchte ich mich einstimmen auf das große Ganze. Auf den Gott, der uns gut macht durch seine Güte, stark durch seine Stärke, schöpferisch durch seine Schöpferkraft und weise durch seine Weisheit. Und wenn wir scheitern, sind wir aufgefangen in seiner Gnade.

Das ist gut zu wissen für den Tag. Dann ist auf jeden Fall weniger Druck Angst, weniger Kakophonie.

Jeden Morgen singen mein Mann und ich ein Lied: „All Morgen ist ganz frisch und neu des Herren Gnad und große Treu. Sie hat kein End den langen Tag, drauf jeder sich verlassen mag.“ (Evangelischen. Gesangbuch 449, Vers 1)

Das Weite suchen

Ein Perspektivwechsel tut gut. Das gewohnte Umfeld verlassen, die Verpflichtungen, die Themen des Alltags, Menschen.

Mal auf einen Berg steigen und ins Weite schauen. Felder und Alleen, Hügel und Wiesen sind da. „Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“, singt Reinhard Mey. „Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man, sind dahinter verborgen, und dann ist alles, was uns groß und wichtig erscheint, auf einmal nichtig und klein!“ – Die Unterlagen für die Steuererklärung sind weit weg, die Gardinen können noch etwas auf das Waschen warten.

Jesus geht mit zwei Jüngern auf den Berg Tabor. Da sehen sie etwas von der Herrlichkeit Gottes. Sie spüren, wie Leben sein kann, wie weit und einladend, wie geborgen und frei. Gern würden sie auf dem Berg bleiben. Aber sie müssen wieder ins Tal mit der Arbeit, mit Menschen, die es schwer haben, mit Müdigkeit und Unvollkommenheit aller Art.

Hat der Berg sie verändert? Die Nähe Gottes? Gehen sie mit neuer Kraft und neuen Gedanken zurück?

Ab und zu das Weite suchen, den Blick von ganz oben, das tut uns gut!

von oben spüren

Vorbildlich

Wir kennen ihn als den „Barmherzigen Samariter“. Er ist ein Mann, der wahrnimmt, was ist und tut, was zu tun ist. Er kümmert sich um einen Menschen, der Hilfe braucht. Er versorgt ihn, nimmt ihn mit in ein Gasthaus und bittet den Wirt, ihn solange zu beherbergen, bis er wieder bei Kräften ist. Dafür lässt er sogar etwas Geld da. Und dann zieht er weiter. Er hat Beruf, Familie, Verpflichtungen. (Lukasevangelium 10, 25-36)

Wer eine „Kümmerer-Mentalität“ hat, mit einem hohen Maß an Empathie ausgestattet ist, der tut sich mit dem Weiterziehen schwer, der meint, er müsse „dranbleiben“, es sei nie genug, was er gibt.

Es gibt immer mehr zu tun, als ein Mensch leisten kann. Die Aufgaben sind stets größer als die Kräfte, die wir zur Verfügung haben. Das weiß jede Mutter, jeder Sozialarbeiter, jeder Arzt und Seelsorger. Viele Menschen sind überfordert und leiden unter dem Druck, den sie in Kopf und Magen spüren.

Franklin D. Roosevelt hat gesagt: „Tu, wo du bist, das, was du kannst, mit dem, was du hast.“ Dieser Satz entlastet. Das Kleine, was uns möglich ist, tun. Wir können nicht auf alles reagieren, wir können nicht alle Erwartungen erfüllen, alles Leid mittragen, omnipräsent sein. Wir sind Menschen mit Grenzen und Müdigkeit.

Lasst uns mit Liebe wahrnehmen, was ist und fröhlich anpacken, was in unseren Kräften steht. Hier und jetzt. Wir nutzen die Chance des Augenblicks – und dann ist es gut! Der Mann aus Samarien zeigt uns das in vorbildlicher Weise.