Einmal um die ganze Welt

Im Klimahaus Bremerhaven werden wir eingeladen zu einer abenteuerlichen Reise um die ganze Welt – auf dem Längengrad 8 ° Ost. Die Reise führt in die Schweiz, nach Sardinien und Niger, durch den Regenwald von Kamerun, die Antarktis, Samoa, Alaska und die Insel Langeneß. Du bist mittendrin, in den Bergen und in der Wüste, in der eisigen Antarktis und im schwülen, unheimlichen Regenwald.

Der Musiker Bob Geldorf hat vor 15 Jahren über das Klimahaus gesagt: „Es ist ein Liebesbrief an den Planeten, der wunderschön ist. Es ist eine Erinnerung daran, wie zerbrechlich wir sind.“

In Sardinien hören wir von heißen Sommern und erfahren, dass die Menschen hier älter werden und vitaler sind als anderswo. Es wird gefragt, ob der Pecorino und der Rotwein dabei eine Rolle spielen?

Ein Satz begleitet mich, seitdem ich ihn gelesen habe: „Noch haben die Tuaregs eine funktionierende Sozialversicherung, nämlich sich selbst!“ – Du liegst in der Wüste und siehst kleine Filme über das karge Leben der Tuareg und spürst, dass unser Lebensstil nur ein klitzekleiner Teil des großen Ganzen ist.

In Samoa stehe ich vor einer kleinen Kirche und staune: Über 99 % der Bevölkerung sind Christen. Der Glaube prägt das Leben. Die Kirchen sind proppevoll, leben ausschließlich von Spenden. Die Menschen kommen fein angezogen zum Gottesdienst. Der Ehrgeiz der Gemeinden ist, die schönste Kirche und den dicksten Pastor zu haben.

Die Reise auf dem Längengrad 8° Ost mit ihren vielen Eindrücken hat mich verändert. Ich ahne zu verstehen, was Alexander von Humboldt einmal gesagt hat und was im Klimahaus zitiert wird: „Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung derer, die die Welt nie angeschaut haben.“

Schwärmen und Staunen

Es war das große Kino! Über 20 000 Bienen summten im Garten. Eine dunkle Wolke schwebte über uns. Von einem Augenblick zum anderen. „Spooky“, staunte der Enkel. Bei aller Faszination war das extrem unheimlich. Mir fielen gleich „die Vögel“ von Alfred Hitchcock ein.

Was sollten wir tun? Die 112 wählen? Eine Feuerwehrfreundin kannte Imker, die in der Nähe wohnten. Fünf Minuten später war einer vor Ort. Inzwischen hatten die Bienen eine Traube gebildet. An der Hochstammrose „Leonardo da Vinci“. Na, der hätte bestimmt seine Freude gehabt.

Der Fachmann sagte relativ gelassen: „Keine Angst. So ist das, wenn ein Bienenvolk sich teilt. Aus eins wird zwei. Eine junge Königin ist da und die alte schwärmt mit einer großen Menge Bienen aus. Das ist eine ganz natürliche Fortpflanzung.“ Mit großer Geduld und Fachkenntnis sammelte der Imker die Königin samt ihrem Volk ein und schenkte ihnen ein neues Zuhause.

Das Staunen über dieses Abenteuer hat uns lange begleitet.

Weltgestalter

Wow! Schon beim Hochschauen wird mir schwindelig! Fensterputzer hängen am Seil und reinigen die 1100 (!) Glaselemente der Elbphilharmonie. Was für mutige Männer (vielleicht auch Frauen)!! Ich kann sie nur bewundern! – Wie gut, dass ich zu Hause nur 20 Fenster habe, die allesamt gut erreichbar sind.

Es gibt unzählig viele Aufgaben in dieser Welt, die zu vergeben sind: Gehirnchirurgen, Tiefseetaucher, Piloten, Heizungsbauer, Violinistinnen, Osteopathinnen, Hebammen …. Sterneköchinnen und die, die alles wieder abwaschen und wegräumen. Da sind jene, die auf der Bühne glänzen und jene, die im Hintergrund für saubere Toiletten sorgen. Es gibt Erfolgstrainer und solche, die sich um alle kümmern, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens wohnen……. Viele werden sehr gut bezahlt für ihre Arbeit und andere leisten unbezahlt etwas ganz Großes!

Als der Schöpfer die Erde geschaffen hat, hat er seinen Menschen zugetraut, sie zu gestalten, sie zu einem lebenswerten Ort zu machen. Bei dem einen und der anderen mag er sagen: „Chapeau. Du bist ne Wucht! Es ist gut zu sehen, was Du aus Deinen Gaben machst, wieviel Liebe und Menschlichkeit durch dich in die Welt kommt!“

Soll ich oder soll ich nicht?

In Bremerhaven, in der Columbusstraße 65, steht das Deutsche Auswandererhaus. Auswanderer aus ganz Europa sind von Bremerhaven aus in eine neue Welt aufgebrochen und haben auf ein besseres Leben gehofft, auf einen Neuanfang. Der Alltag hier war von Hunger und Krieg geprägt – ohne Perspektive. Das Neue lockte. Aber was für ein Abenteuer, das Alte und Vertraute aufzugeben.

Vor dem Museum steht ein Denkmal. Es zeigt eine kleine Familie, die auf dem Weg in die neue Welt ist. Der Vater schaut entschlossen nach vorne, in der Hoffnung, dass bessere Verhältnisse auf sie warten, dass die Kinder ganz andere Chancen bekommen als in der Heimat. Der Sohn ist an der Hand des Vaters, ist mit ihm bereit für das Neue!

Die Mutter schaut zurück. Zaghaft. Noch im Hin und Her! Was müssen sie alles zurücklassen! So viel Liebgewordenes, Teile der Familie, Freunde, das Haus, das Vertraute. Das, wofür sie jahrelang gelebt, hart gearbeitet und gekämpft haben. Ihre gemeinsame Geschichte. Das kleine Mädchen sucht Geborgenheit bei der Mutter.

Es gibt Zeiten, in denen sehnen wir uns auch nach einer Veränderung. Nein, nicht so groß wie das Auswandern. Aber etwas, was das Leben reicher, intensiver, leichter macht. Soll ich oder soll ich nicht? Habe ich den Mut für neue Wege und Gedanken, für einen neuen Lebensabschnitt? Diese Fragen haben mich bewegt beim Denkmal in der Columbusstraße!

Reden und reden lassen

Worte wirken! Sie können wohltun und wehtun. Sie können Nähe schaffen und Distanz. Sie können beflügeln und kränken, ermutigen und verunsichern. Wir können einen Menschen aufblühen lassen, mit dem, was wir sagen, wir können ihn auch zutiefst verletzen. Wir können Herzen öffnen und zutexten.

Wie wir mit anderen Menschen im Gespräch sind, das entscheidet darüber, wie unsere Beziehungen aussehen. Gerade in der Sterbe- und Trauerbegleitung ist es wichtig, heilsame Kommunikation zu lernen.

Zwei Tiere begleiteten uns im Seminar der Hospizgruppe: ein Wolf und eine Giraffe (Foto). Der Wolf ist bissig, polternd und verletzend. Die Giraffe hat einen langen Hals, beobachtet aus dem Abstand heraus und steht für unvoreingenommene Empathie.

Was ich mitgenommen habe, auch für die alltäglichen Gespräche: Zuhören ist ganz wichtig und heilsam. Wenn der andere spricht, nicht eigene Geschichten erzählen, nicht beurteilen und werten, keine Ratschläge geben, eher fragen: Habe ich das richtig verstanden? Bei mir ist angekommen, dass du …..! Habe ich das richtig interpretiert? Wichtig ist, Gefühle wahrzunehmen, mich in den anderen reinzuversetzen! Es ist erstaunlich, wie viele Menschen jemanden zum Zuhören suchen.

Wenn ich etwas klären möchte, dann beginne ich das Gespräch nicht mit: „Du bist ….! Du hast …..!“ Ich sage, wie ich mich fühle, wie ich etwas wahrnehme! Ich sende „Ich-Botschaften“.

Das waren wertvolle Impulse!

Demokratie meint dich

„Um des liebens Frieden willen halte lieber deinen Mund!“ Mit diesem Spruch sind viele Frauen groß geworden. Umso erstaunlicher, dass wir uns „um des Friedens willen“ aufgemacht haben zu Demonstrationen. Wir dürfen und wollen nicht schweigen zu dem, was sich in unserer Gesellschaft entwickelt. Wir dürfen und wollen nicht länger schweigen, wenn sich in unserem Umfeld Hass und Hetze verbreiten, wenn menschenverachtende Sprüche geklopft werden. Wie schön, dass immer mehr im Lande deutliche Zeichen setzen für Frieden, Freiheit und die Würde des Menschen.

In Stadthagen, Rinteln, Bückeburg und Hameln war ich dabei. Ich hatte gute Gespräche, die etwas geklärt haben. Mit Menschen verschiedener Prägung, Meinung und Lebensgeschichte. Erstaunlich, was Zuhören bewirken kann! Erstaunlich , was an Vorurteilen und Urteilen in den Köpfen schlummert,

Die Pionierin des Deutschen LandFrauenverbandes, Marie-Luise Gräfin von Leutrum zu Ertingen, hat gesagt: „Die Vereine werden das sein, was wir selbst aus ihnen machen. Je mehr sich beteiligen, desto fruchtbarer wird es für alle sein!“ Die Demokratie wird das sein, was wir aus ihr machen. Je mehr sich beteiligen, desto fruchtbarer wird sie für alle sein. Demokratie braucht Demokraten, die wählen gehen, die sich einmischen, die sich informieren, auf andere zugehen …..

Die glatte Seite und die raue Seite des Lebens

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Beim Kirchentag in Köln habe ich eine freundliche, warmherzige Ordensschwester getroffen. Sie lächelte mich an und schenkte mir ein kleines Holzkreuz. – „Das Kreuz steht für alles, was wir im Leben zu tragen haben. Es hat eine glatte und eine raue Seite. Die glatte Seite steht für alles Schöne, für alles, was gelungen ist, für Freundschaften, die uns bereichern und Halt geben, für das Wunderbare, das wir von der Welt gesehen haben ….. Die raue Seite steht für das, was sich nicht so entwickelt hat, wie wir es uns gewünscht hatten. Sie steht für Handicaps, mit denen wir leben müssen, für alles, was wir vermackelt und versäumt haben, woran wir schwer zu tragen haben. – Und die kleinen Kerben stehen für wunde Stellen und Verletzungen!“

Und dann sagte sie: „Am Kreuz Jesu Christi ist alles, was unser Leben ausmacht, aufgehoben in der Liebe Gottes. Es steht für die offenen Armen, mit denen wir empfangen werden, in denen wir geborgen sind, egal, was ist!“

Für mich ist dieses Kreuz ein treuer Begleiter geworden. Ich habe es schon einigen Menschen geschenkt. Alle finden sich darin wieder. So oder so. Als spräche es für sich!

Mach mal Pause

Er hatte immer ganz viel zu tun, der fleißige Holzfäller. Selbst wenn seine Säge im Laufe des Tages stumpf geworden war: er nahm sich keine Zeit für eine Pause, in der er seine Säge schärfen konnte. Und so musste er sich bei seiner Arbeit unnötig quälen!

Pausen sind wichtig! Mal abschalten, die Arbeit unterbrechen, tief durchatmen, etwas lesen, einen Kaffee trinken, ein paar Schritte laufen, sich dehnen, tanzen oder ein kurzes Nickerchen machen.

An einem Automaten lese ich: 24/7. Hier kannst du an 7 Tagen in der Woche 24 Stunden lang etwas kaufen! 24/7 ? Der Mensch ist kein Automat. Er wird müde. Er braucht Pausen für den Kopf und alles Lebendige an ihm.

Ab und zu treffen wir uns in einem Café. Wir schenken einander Zeit, sprechen über das, was sonst ungesagt bleibt, spüren Verbundenheit, genießen die Ruhe und das gemütliche Ambiente. Und dann? Dann gehen wir anders, ausgeruht und entspannt, kreativer und getroster wieder ins Gewohnte zurück. Pausen tun gut!

Die Last auf unseren Schultern

Er tut mir immer so leid, der Atlas! In der griechischen Mythologie ist er ein Riese, ein Titan. Von Zeus wurde er dazu verurteilt, das Himmelsgewölbe zu stemmen! Tag für Tag.

Wir sind auch oft überfordert mit dem, was wir zu tragen haben. Jede Mutter weiß, was gemeint ist. Jeder, der Verantwortung trägt, weiß das. Was liegt nicht alles auf unseren Schultern!

Eine wunderbare Osteopathin kümmert sich regelmäßig und mit viel Liebe um meinen Atlas-Wirbel! Wir sprechen über das, was mein oberer Rücken, mein Nacken ihr verrät! Wir sprechen über das, was schwer auf meinen Schultern liegt – und wie ich eventuell für Entlastung sorgen kann. Das tut gut!

In der Bibel gibt es eine wunderbare Einladung, das abzuladen, was drückt – nicht damit allein bleiben. Jesus sagt: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ (Matthäus 11,28).

Same procedure ….

Die Geburtstagsfee hat über Nacht gebacken und dekoriert. Im Wohnzimmer hängen Girlanden, Lichterketten und Luftballons. Die Kerzen sind angezündet und die Torte ist ein echter Hingucker. Alle sind 15 Minuten früher aufgestanden und empfangen das Geburtstagskind mit einem Ständchen: „Wie schön, dass du geboren bist!“

Auch, wenn es gestern noch ein paar Nickeligkeiten zwischen den Geschwistern gab, heute sind alle super nett, freuen sich mit über die Geschenke und haben kleine Überraschungen vorbereitet! Das Geburtstagskind steht im Mittelpunkt und wird gefeiert. Es spürt die Verbundenheit der Familie und zieht später fröhlich los in die Schule.

Viele Jahre später wird es Fotos anschauen: Dieses Ritual, dieser wertvolle, festliche Moment am Geburtstagsmorgen war etwas ganz Besonderes. Da habe ich gespürt, dass ich geliebt bin, dass ich den anderen viel bedeute! Vielleicht ist da so eine Sehnsucht nach dem, auf das man sich verlassen kann!