Etwas nachklingen lassen

10. Dezember 2015

Viele Menschen lesen Bücher. Zum Beispiel „Samuel und die Liebe zu den kleinen Dingen“ von Francese Miralles. Aber so etwas hatte ich noch nie gesehen. Eine Frau war so berührt von dem, was sie gelesen hatte, dass sie mit viel Liebe und Akribie eine Mappe zum Buch zusammenstellte. Informationen über Bücher, die darin beschrieben werden und deren Schriftsteller, kommen in der Mappe vor. Wertvolle Zitate sind festgehalten, Orte und Ereignisse, Filme und Bilder, die im Buch beschrieben werden. Und dann die Musik! Von Mendelssohn-Bartholdy, Verdi und Franz Schubert.
Alles mit Zusatzinformationen aus umfangreichen Recherchen, bebildert und hübsch zusammengestellt. Ein kleines Kunstwerk!

Ich habe mich riesig gefreut, dass ich an diesem Schatz teilhaben durfte. Wie schnell gehen wir von einem Buch zum anderen, von einer Veranstaltung und Begegnung zur nächsten. Husch husch!
Die Mappe zum Buch hat mich neu fragen lassen: Wie intensiv lebe ich eigentlich, bewahre ich das, was ein Tag gebracht hat, in meinem Herzen, hüte ich kostbare Erlebnisse wie einen inneren Schatz – oder bleibe ich an der Oberfläche, bin ganz schnell wieder woanders mit meinen Gedanken? Es ist immer wieder erstaunlich, am Ende eines Jahres im Tagebuch zu lesen, wie reich und bunt das Leben ist.

Ich wünsche uns einen Tag, den wir intensiv erleben.

Lob lockt das Gute hervor

9. Dezember 2015

Auf dem Weg nach Meine (bei Braunschweig) bin ich gestern an 12 Geschwindigkeitsmessgeräten vorbeigekommen! Ich mag sie. 100 Meter vorher zeigen sie an, wie schnell ich fahre.
Bin ich zu rasant unterwegs, mahnen sie in roter Schrift „LANGSAM“, und ein Gesicht mit runtergezogenen Mundwinkeln schaut mich an.
Bloß das nicht! Eine rücksichtslose Autofahrerin möchte ich nicht sein.
Also trete ich sofort auf die Bremse, bis in grüner Farbe ein wohlwollender Smiley erscheint und „DANKE“ sagt. Ein Lob tut gut und hat (jedenfalls bei mir) einen hohen Erziehungswert. Einer hat gesagt, wir seien in Deutschland eine Sahel-Zone, was das Loben betrifft, lieber meckern und nörgeln wir! Und hier werde ich gelobt! 12 Mal konnte ich mir das gestern gönnen!

Heute möchte ich daran denken, den einen oder anderen zu loben, der einen oder anderen und DANKE zu sagen!
Ich möchte das Gute benennen, was ich an ihm wahrnehme, was er für mich ist.
Ein Lob lockt viel hervor bei Menschen – mehr als Schimpfe und Kritik!

Übrigens: Martin Luther hat in seinen Vorlesungen über die Psalmen gesagt:
„Gott steht nicht mit der Keule hinter dir,
sondern er steht vor dir mit Muskatellerwein,
er will sich mit dir versöhnen.“

Gott weiß, wie sehr man Menschen zum Guten locken kann! Einen schönen Adventstag wünsche ich Ihnen.

Vertrauen

8. Dezember 2015

Ein sehr höflicher und gut erzogener Junge bestieg das Flugzeug. Zielsicher steuerte er auf seinen Sitzplatz zu und richtete sich ein, so, als sei es für ihn das Selbstverständlichste von der Welt. Aus seinem Rucksack zog er eine Mappe mit Stiften und ein Heft hervor – und dann begann er zu malen. Gedankenverloren, ganz bei der Sache, wie wohl nur Kinder es sein können. Er zeigte keinerlei Aufregung beim Start des Flugzeugs.

Nach einer Weile gab es heftige Tubulenzen. Die Maschine flog durch eine Sturmfront. Als das Flugzeug merklich sank und wackelte, wurden die Passagiere zunehmend nevös. Ängstlich schauten sie aus dem Fenster und krallten sich an ihren Sitzen fest. Nur der kleine Junge behielt seine Ruhe und malte weiter, als sei nichts Besonderes los.

Warum ist er so ruhig?
Eine Frau, die völlig aufgelöst war, fragte: „Junge, hast du denn keine Angst?“
„Nein, warum sollte ich“, antwortete der Kleine, „mein Vater ist doch der Pilot.“

Eine schöne Geschicht, frei übersetzt aus dem Spanischen.
Der Junge hatte ein Ur-Vertrauen zu seinem Vater! Für diesen Tag im Advent wünsche ich uns, dass wir versuchen, dem Vater des Himmels und der Erde mit einem kindlichen Glauben zu vertrauen, im Kleinen und im Großen.

Wenn Gäste kommen

7. Dezember

In diesem Jahr haben wir einen leckeren Gewürzkuchen entdeckt.

Hier das Rezept:
100 g Margarine
250 g Zucker
3 Eier
240 g Mehl
2 gestrichene TL Backpulver
je 1 gestrichenen TL Zimt, Nelken und Ingwer
1/10 l Milch
je 2 gehäufte EL Apfelsinenmarmelade und Mandeln

Zu einem Teig verarbeiten, in eine längliche Form füllen
und ca. 1 Stunde bei 160° backen.

Freude schenken….

6. Dezember, Nikolaustag

Ein Ire starb völig unerwartet und stand dann in einer Reihe mit vielen Menschen vor Petrus am Himmelstor. Er bekam genau mit, wie jemand gelebt hatte, was jemand vorzuweisen hatte. Petrus schlug in seinem dicken Buch nach und sagte zu dem Ersten: „Hier steht: Ich hatte Hunger und du hast mir zu essen gegeben, regelmäßig hast du gespendet für Brot für die Welt. Gut gemacht, ab in den Himmel.“ Zum Zweiten sagte er: „Ich hatte Durst und du hast mir zu trinken gegeben, gut gemacht!“ – Und zum Dritten sagte er: „Ich war krank und du hast mich besucht, du hast dir viel Mühe gemacht mit den Menschen in deinem Umfeld. Ab in den Himmel!“

Der Ire wurde ganz unruhig. Was hatte er denn vorzuweisen? Dann war er an der Reihe. Petrus blätterte in seinem dicken Buch, schaute ihn an und sagte: „Da steht nicht viel geschrieben, aber etwas Gutes hast auch du getan. Hier steht: Ich war traurig, niedergeschlagen und mutlos – und du bist gekommen und hast mich aufgemuntert durch deine Zuversicht und deine Fröhlichkeit. Ab in den Himmel!“ Und der Ire machte einen Freudensprung durchs Himmelstor.

Das ist eine schöne Gabe, wenn wir jemanden aufheitern können, ihn rausholen können aus seinen Grübeleien, sein Herz erleichtern. Von Mutter Teresa stammt der Satz: „Lass nicht zu, dass du jemandem begegnest, der nach der Begegnung mit dir nicht fröhlicher geworden ist!“

Nikolaus war Bischof in der Stadt Myra, in der heutigen Türkei. Er war für seine Hilfsbereitschaft bekannt. Er schenkte, wo immer er konnte. In ihm leuchtete etwas auf von Gottes Freundlichkeit. Schenken macht reich und glücklich, so hat es der bis heute populäre Heilige erfahren.

Zauber der Weihnacht

5. Dezember

In diesem Jahr findet zum 14. Mal am und im Schloss Bückeburg der „Weihnachtszauber“ statt. Stimmungsvoll, mit allem,
was Menschen mit Weihnachten assoziieren:
Düfte, Musik, Herrnhuter Sterne, Dekoration, Glühwein und Eiergrog, Engel, Illumination, Gebäck, Textilien und Kunst, Geschenkideen für Groß und Klein.
All das ist schön anzusehen.

Der Zauber der Weihnacht, das Geheimnis von Weihnachten, ist noch etwas anderes! Wie können wir Worte finden für das, was unsagbar ist, größer als unser Denken und Verstehen?
Ich versuche es so: Gott bleibt nicht im Himmel, weit weg von uns.
Er ist mittendrin, kommt als Mensch in diese Welt!
Egal, wohin wir gehen, er ist längst da – mit seinem Geist und seiner Kraft, mit seinem Frieden und Segen.
Wir sind nicht allein mit unserem Wünschen und Gestalten, mit Versuchen und Fragen, mit Lieben und Abschied nehmen, mit Scheitern und Kämpfen, jugendlichem Schwung und Altwerden, zwischen Halleluja und Kyrie eleison.

Ich wünsche uns, dass uns der Zauber der Weihnacht berührt und froh macht!

Weihnachtszauber Gänse und Weihnachtsmänner

Es muss nicht bleiben wie es ist

4. Dezember

Ein junger Elefant wird an einem Pflock festgebunden. So sehr er sich auch anstrengt und zieht und wütend stampft und tönt, er kommt nicht los von seinem Pflock, der fest in der Erde steckt. Erschöpft schläft er ein. Am nächsten Tag versucht er wieder, sich zu befreien, und am nächsten Tag wieder, und am übernächsten Tag wieder. Eines Tages akzeptiert er sein Angebundensein und fügt sich in sein Schicksal.

Und wenn der Elefant groß geworden ist, riesig, dann läuft er nicht mehr weg, obwohl er könnte. Weißt du warum? Die Erfahrung, ohnmächtig zu sein und unfrei, hat sich tief in seinem Gedächtnis festgesetzt. Nie wieder hat er versucht, seine Kraft auf die Probe zu stellen.
So beschreibt es sinngemäß Jorge Bucay, ein argentinischer Psychotherapeut, in seinem Buch „Komm, ich erzähl dir eine Geschichte“, erschienen im Fischer-Verlag. Und er sagt: „Wir bewegen uns in der Welt, als wären wir an Hunderte von Pflöcken gekettet. Wir glauben, einen ganzen Haufen Dinge nicht zu können, bloß weil wir sie ein einziges Mal, vor langer Zeit, damals, als wir noch klein waren, ausprobiert haben und gescheitert sind.“

Heute ist Barbara-Tag. Wir denken an eine Frau, die für ihre Freiheit gekämpft hat – gegen einen Vater, der sie in einem Turm eingesperrt hatte. Wir denken daran, dass Menschen, die verstummt sind, neue Worte finden können. Menschen, die unter Druck stehen, können eine nie geahnte Gelassenheit entdecken. Menschen, die sich nichts zutrauen, können kleine Erfolge feiern, nachdem sie etwas gewagt hatten.
Am Barbara-Tag holen Menschen Zweige von Kirsch- oder Apfelbäumen, von Forsythien aus dem Garten und stellen sie an einen warmen Platz in der Wohnung. Neues Leben kann aufblühen, auch da, wo wir es nicht für möglich halten, wo wir uns abgefunden haben mit dem, was ist! Überraschungen und Befreiungen sind möglich. Durch und mit Gott!

Beziehungs – weise

„Urteile nie über einen Menschen, bevor du nicht 24 Stunden lang in seinen Mokassins gelaufen bist“. Dieses Sprichwort kommt von den Indianern.

Wir können lange darüber nachdenken und es beherzigen, wenn wir Menschen begegnen. Jeder möchte geliebt, geachtet, gelobt und verstanden werden. Hinter jeder Wut steckt ein Mensch, der um Hilfe ruft. Die Aggressiven haben Angst, die Zicken ein Defzit an Liebe. Jeder hat seine Geschichten aus 1001 Nacht im Gepäck, Sehnsüchte, Erfolge, Verletzungen, Handicaps und Kummer.

Bevor ich meine Kommentare abgebe über einen Menschen, möchte ich mich erst einmal innerlich voller Hochachtung vor dem Geheimnis des anderen verbeugen. Ich möchte genau hinschauen und hinhören, aber nicht urteilen. Was weiß ich denn schon!!

Damit uns die Puste nicht ausgeht

Es war kurz vor Weihnachten. Das Thermometer zeigte minus 21°. Wir saßen im Flugzeug mit dem Ziel Stockholm. Die Stewardess machte uns mit den Sicherheitsvorkehrungen an Bord vertraut. Falls während des Flugs passieren sollte, was hoffentlich nicht passieren wird, sollten wir die Sauerstoffmasken anlegen und ruhig und tief atmen. Und wenn wir das erledigt haben, könnten wir auch noch den Banknachbarn helfen. Danach!!

Das leuchtet ein! Wir müssen erst dafür sorgen, dass wir selbst genug innere und äußere Kraft zur Verfügung haben. Wenn das sicher gestellt ist, dann können wir anderen Menschen viel geben, dann können wir anderen Menschen viel sein. Die Reihenfolge ist wichtig, damit uns nicht die Puste ausgeht. Das hat nichts mit Egoismus zu tun, das ist ein Lebensgesetz.

Wie viel Kluges hatte ich schon zu diesem Thema gelesen, zu „Work-Life-Balance“, zum Gleichgewicht von Tun und Lassen, Geben und Empfangen. In 10 000 m Höhe habe ich es völlig neu verstanden, es wurde auf einmal existentiell wichtig. Erst sich selbst mit Sauerstoff versorgen, danach können wir für die anderen da sein und anpacken, was zu tun ist.

Übrigens – was ich noch sagen wollte

Wir machen viele Worte und gleichzeitig bleibt wichtiges ungesagt zwischen uns Menschen.
Ich habe manches Mal nach einer Begegnung das Gefühl, dass ich noch enmal umkehren, anrufen oder schreiben möchte, unter der Überschrift: „Übrigens, was ich noch sagen wollte….“
Noch einmal etwas vertiefen und persönlicher werden. Ich möchte dem anderen einen Blick in mein Herz gewähren. Vielleicht werde ich dabei verlegen und unsicher, womöglich bekomme ich einen roten Kopf und meine Stimme zittert, aber was soll’s.

Es wird vieles nicht gesagt zwischen uns. An Dank und Klärung, an Geständnis, Bitte und Lob. „Übrigens, was ich noch sagen wollte….!“ Wie viel Menschlichkeit geht dieser Welt verloren, weil wir etwas von uns zurückhalten. Manche Laudatio, die am Ende eines Lebens gehalten wird, könnten wir doch schon jetzt beginnen.