Es ist viele Jahre her.
Ein Mann kommt völlig erschöpft zu einem Rabbi: „Wir halten es zu Hause nicht mehr aus.
Mit sechs Personen wohnen wir in einem kleinen Raum. Du kannst dir nicht vorstellen,
wie eng und laut das ist!“
Der Rabbi fragt: „Hast du eine Ziege?“
„Ja, im Stall steht ein stattlicher Bock.“
„Gut, dann nimm den Bock mit in deine Hütte und komm in vier Tagen wieder.“
Nach vier Tagen kommt der Mann zum Rabbi und ist völlig fertig.
„Rabbi, es ist unerträglich. Der Bock stinkt zum Himmel!
Die Situation macht uns kaputt!“
Der Rabbi sagt: „Dann stell den Bock wieder in den Stall und komm morgen wieder.“
Als der Mann am nächsten Tag zum Rabbi kommt, strahlt er übers ganze Gesicht:
„Rabbi, alles ist gut. Kein Ziegenbock. Kein Gestank. Nur wir. Das Leben ist herrlich.
Wir genießen jede Stunde.“
Es wird immer etwas geben, über das wir schimpfen können,
über das wir uns beschweren können, das uns die gute Stimmung verdirbt –
und wenn es nur das Wetter ist.
Menschen mit „Ziegenbock-Erfahrungen“ wissen, dass man in Ausnahmesituationen,
wenn es mal ganz schlimm kommt,
das „Normale“ im Leben schätzen lernt, selbst, wenn es alles andere als
vollkommen ist.
Das „Normale“ im Leben schätzen lernen, das möchte ich heute versuchen.
P.S. Die Geschichte ist frei nacherzählt nach Axel Kühner: Überlebensgeschichten
für jeden Tag, S. 178