Seit zwei Wochen kann er nicht mehr besucht werden, dabei bräuchte er die Nähe seiner Liebsten, vertraute Gespräche, Augen-Blicke jetzt dringender als je zuvor, um wieder zu Kräften zu kommen, um sich nicht von allen abgeschottet zu erleben. Der Kopf versteht, dass ein Klinikum das Risiko von Ansteckungen minimieren muss. Das Herz leidet – und mancher Angehörige kommt daheim nicht mehr zur Ruhe.
Abstand kann weh tun. Abstand, wenn ein 16-jähriges Mädchen für ein Jahr als Austauschschülerin nach Venezuela reist. Wenn der Beruf es erfordert, dass Eheleute nur am Wochenende zusammen sein können, wenn Kinder und Enkelkinder uns zu Ostern nicht besuchen dürfen, wenn der, dem man mal ganz nah war, sich zurückzieht.
Liebe hält manches aus. Sie reicht bis ins Weltall – wenn der Papa oder Liebste dort unterwegs ist. Manche Freunde haben wir jahrelang nicht gesehen – und können immer wieder anknüpfen an das, was uns im Innersten verbindet. Da gibt es ein starkes, unsichtbares Band, dass Abstand verträgt.
Wir sind derzeit angehalten, das Haus nur so wenig wie möglich zu verlassen. Für viele Menschen ist das eine enorme Belastung. Entweder dadurch, dass sie nicht nur allein, sondern einsam sind, oder dadurch, dass sie sich als Familie aneinander reiben, auf den Geist gehen, spüren, dass sie es nicht lange miteinander aushalten, dass alles viel zu eng ist.
Du kannst dich einsam fühlen in Gesellschaft, du kannst dich Menschen nahe fühlen, die weit von dir entfernt leben. Menschen können viel reden und sich nichts zu sagen haben. Menschen können sich berühren mit ihren Worten, dadurch, dass sie eines Geistes sind, dem anderen einen Einblick in ihr Herz gewähren.
Bei allem Abstand, den wir momentan wahren müssen, wünsche ich uns allen die wertvolle Nähe zu anderen Menschen. Und die Nähe zu Gott, der versprochen hat, uns gerade in Zeiten wie diesen besonders nahe zu sein!