25. April 2020 – (K)ein Schaf sein

Bloß das nicht! Wer möchte schon gerne ein Schaf sein: angepasst, fremdbestimmt und willenlos. Schaf-Menschen haben ein denkbar schlechtes Image in unserer Gesellschaft. Wir möchten selbst bestimmen, wie wir unser Leben gestalten. Wir sind nicht auf der Welt, um so zu sein, wie andere uns haben möchten.

Wenn in der Kirche von „Schäfchen“ gesprochen wird, ist das alles andere als schmeichelhaft. Es heißt: Wir mischen uns viel zu wenig ein. Wir schweigen, wenn reden etwas klären und verändern könnte. Bei uns ist von Montag bis Samstag nur wenig zu spüren vom Geist des lebendigen Gottes.

Der Mensch von heute möchte kein Schaf sein. Nur manchmal, z.B. wenn ein Virus alles selbst bestimmen in Fragen stellt, Sicherheiten nicht mehr sicher sein lässt, dann sind wir froh, jemanden zu haben, bei dem wir uns gut aufgehoben wissen. Wir sind froh, dass eine Bundeskanzlerin den Schneid hat, um des Lebens willen unpopuläre Entscheidungen zu treffen. „Hirte“ sein ist keine leichte Aufgabe in dieser Zeit. Herde sein auch nicht!

Wir sind froh, wenn uns einer Mut macht, wenn wir die Nähe von Menschen spüren, obwohl körperliche Nähe derzeit nicht erlaubt ist. Wir, die wir meistens ganz gut allein zurechtkommen, sind dankbar für jemand, bei dem wir uns anlehnen können, der Worte hat, die wir uns selbst nicht sagen können.

„Der Herr ist mein Hirte“, heißt es im Psalm für diesen Sonntag. „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal … du bist bei mir!“

Manchmal werden Menschen anderen zum Hirten, indem sie begleiten, trösten, zuhören, aufeinander achten, inspirieren, für kleine Zeichen der Liebe sorgen, ganz unspektakulär. Mein Mann traf im Maler-Großhandel auf eine Frau an der Kasse, die völlig überfordert war. „Da hilft jetzt nur noch ein Rosinenbrötchen, oder?“ – Auf dem Heimweg hielt er beim Bäcker, besorgte eins und brachte es dahin, wo es einen Menschen zutiefst berührte. Nur ein Brötchen!?

Ich wünschen Ihnen und Euch gute Erfahrungen mit dem „Guten Hirten“ – und auf dem Weg, für andere ein wertvoller Mensch, ein „Hirte“ zu sein!