19. März 2020 – Geschichten von früher

Es ist Zeit für die Frühlingsblumen auf dem Grab meiner Eltern. „Ach, Mama, sei froh, dass Du Dir keine Sorgen machen musst um das, was gerade die Welt in Atem hält!“

Mama war eine starke Frau. Oft hat sie von früher erzählt. Vom Krieg, vom Bangen um den Mann an der Front. Wir waren arm. Im Haus gab es kein fließendes Wasser, es musste aus dem Brunnen gepumpt werden. Auf dem Hof stand ein Plumpsklo – mit Zeitungspapier (das wir nicht hamstern mussten). Nichts für zarte Gemüter mit einer feinen Nase. Was Mama aus dem eigenen Garten nicht geerntet und später eingekocht hatte, das stand nicht zur Verfügung. Es gab eine Zeit, da war das wenige Geld, das man hatte, nichts mehr wert!

Mama hat erzählt von Solidarität. Einer hat dem anderen geholfen – mit seiner Zeit, seiner Arbeitskraft und seinen Geräten. Allein konnte keiner bestehen. So wurden Häuser gebaut und Felder bestellt. So wurden Kinder betreut und Brote im großen Steinofen gebacken. So wurden Schlachtfeste gefeiert und Kartoffeln gerodet. Ob die Nachbarn sich immer mochten, das weiß ich nicht, aber sie haben zusammengehalten, weil sie einander brauchten.

Ich habe diese Geschichten von früher immer gerne gehört, aber sie waren weit weit weg für mich, wie aus einer anderen Zeit gefallen. Jetzt beginne ich zu verstehen, was die Eltern und Großeltern mitgemacht haben. Und ich verneige mich vor ihrem Mut und ihrer Durchhaltekraft, ihrem Gottvertrauen und Tatendrang. Da war nix mit Komfortzonen und Kreuzfahrten. Ich erinnere mich an ein Zeltwochenende am Steinhuder Meer.

Warum fällt mir das ausgerechnet jetzt ein? Ich bin stolz auf die, die für uns viel geleistet und aufgebaut haben, obwohl die Bedingungen nicht so waren, wie sie es erträumt haben. Von ihnen können wir die Kunst des Improvisieren lernen: Aus dem etwas machen, was uns das Leben zur Verfügung stellt.