18. März 2020 – Balkonmomente

Aus Italien kam die Meldung, Menschen würden ihre Fenster öffnen und auf ihren Balkonen stehen. In Mailand stimmte eine Familie das Lied „Azzuro“ von Adriano Celentano an. Dabei blieben sie nicht lange allein. Andere sangen mit. Im leidgeprüften Italien finden Menschen eine Möglichkeit, miteinander verbunden zu sein, sich Mut zu machen, auf Gott und das Leben zu vertrauen – über die Musik, über Lieder, die das Herz berühren. „Andra tutto bene“. Alles wird gut. Zum Zeichen dafür hängen einige die Abbildung eines Regenbogens auf.

Es ist Abend geworden in Fuhlen an der Weser. Die Pastorin steht auf dem Balkon des Pfarrhauses und singt das Lied „Der Mond ist aufgegangen“. Einige Gemeindelieder stehen (auf Abstand) dabei und singen mit. „Verschon uns, Gott, mit Strafen und lass uns ruhig schlafen und unsern kranken Nachbarn auch.“

Am nächsten Tag in meinem Garten. Ich beschneide die Rosen und räume auf. Die Nachbarin steht auf ihrem Balkon. Nachdem sie ihren alten Schallplattenspieler aktiviert hatte, legt sie den Gefangenenchor aus der Oper Nabucco auf, eines meiner Lieblingslieder, die geheime Nationalhymne Italiens. – Das war ein Gänsehautmoment . Ein Moment, der gut tut in einer Zeit, die voll ist mit Nachrichten, die Angst machen, mit Horrorszenarien….. Später wechselte sie zu Walzern von Johannes Strauß. Dabei lässt sich vortrefflich arbeiten. Es flutschte.