19. Dezember – Wir werden einander viel verzeihen müssen

Dieser Satz ist von Gesundheitsminister Jens Spahn (22.4.2020). Er überrascht. Ich finde ihn in seiner Ehrlichkeit angemessen. Bei manchen Entscheidungen, die getroffen wurden in der Corona-Krise, mussten Politiker später einsehen, dass sie falsch gelegen haben oder nachbessern mussten.

Seniorenheime und Krankenhäuser waren wochenlang für Besucher geschlossen, in der Konsequenz, dass Menschen alleingeblieben sind in einer Situation, in der sie Freunde und Familie so dringend wie nie gebraucht hätten! – Eine Seelsorgerin sagte: „Ich habe alle Vorschriften eingehalten, aber mein Gewissen signalisiert mir, dass es falsch war.“

Waren Vorgaben zu hart oder zu lasch? Hat man angemessen oder übertrieben reagiert? Wurden Menschen ihres Rechtes auf Freiheit beraubt? Haben sich einige auf Kosten anderer zuviel an Freiheit genommen? Sind Kommentare, Vorwürfe und Schuldzuweisungen immer fair gewesen? Fragen über Fragen. Keiner kann im Lehrbuch nachschlagen, was langfristig richtig und falsch ist Wir haben eine völlig neue Situation zu bewältigen, was schon die neuen Wortschöpfungen belegen: Ellenbogengruß, R-Wert, Homeschooling, Lockdown, Triage, Super Spreader, Social Distancing….

„Wir werden einander viel verzeihen müssen!“ – Es ist die Einsicht, dass bei aller Sorgfalt vieles nicht vorhersehbar ist, von nicht steuerbaren Komponenten abhängig ist. Es ist die Einsicht, dass Menschen Fehler machen und hilflos sind.

Aus Erfahrung wissen wir: Das gilt auch im kleinen, persönlichen Bereich, in Familien und Freundschaften. Eine LandFrau sagte mir: „Entschuldigen sie, dass ich Fehler mache, aber ich lebe zum ersten Mal!“ – Wie tröstlich, dass wir einen fehlerfreundlichen Gott haben, der barmherzig mit uns umgeht!

Kyrie eleison. Herr, erbarme dich!