15. März 2020 – Das hat es noch nie gegeben

In Krisenzeiten waren die Kirchen immer weit geöffnet. Menschen suchen Trost und Durchhaltekraft, wenn das Leben an Grenzen stößt, wenn sie erschrocken sind. Damals, am 11. September 2001 war das so. Nach dem unbegreiflichen Vorfall am Berliner Breitscheidtplatz 2016. Nach dem Amoklauf in Winnenden 2009. Auch Menschen, die sonst kein enges Verhältnis zur Kirche haben, sind manchmal froh, dass es sie gibt.

Und ausgerechnet jetzt sollen die Kirchen geschlossen bleiben? In dieser Menschheitskrise, der schlimmsten seit dem 2. Weltkrieg? Gerade jetzt nicht spüren, wie gut es ist, wenn wir einander haben, wenn wir miteinander beten, singen, weinen und hoffen können? Keinen Ort für die Angst haben, keinen Segen? Das hat es noch nie gegeben, dass Kirchen geschlossen wurden!

Ausgerechnet jetzt? Ja, um der Liebe willen verzichten wir auf Nähe, nehmen nicht in den Arm, trinken nicht aus einem Kelch. „Wer seinen Nächsten liebt, der bleibt ihm jetzt fern!“ Wir wollen ernst nehmen, was die Virologen sagen. Und gleichzeitig ist Phantasie gefragt. Anrufen. Trost spenden, der jetzt besonders nötig ist. Mut machen. Fragen, wie es geht. Beziehungen vertiefen…..

Eines gilt, eines bleibt: Die Zusage, dass Gott bei uns ist.

Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

(Dietrich Bonhoeffer, 1944)