Wir leben heute im Zeitalter der Kommunikation. Noch nie hatten wir so viele Möglichkeiten, mit anderen ins Gespräch zu kommen, auf verschiedenste Weisen Nachrichten zu übermitteln, Beziehungen zu pflegen. Ist der Weg von Mensch zu Mensch jetzt einfacher geworden, verhelfen uns die neuen Medien zu mehr Nähe, zu einem besseren Verstehen?
Im Internet habe ich dazu eine schöne Geschichte gefunden:
Großer Aufruhr im Wald: Es geht das Gerücht um, der Bär habe eine Todesliste. Alle fragen sich, wer denn nun da drauf steht. Als erster nimmt der Hirsch allen Mut zusammen und geht zum Bären und fragt ihn: „Sag mal Bär, stehe ich auch auf deiner Liste?“ – „Ja“, sagt der Bär, „auch dein Name steht auf der Liste.“ Voller Angst dreht sich der Hirsch um und geht. Und wirklich, nach zwei Tagen wird der Hirsch tot aufgefunden. Die Angst unter den Waldbewohnern steigt immer mehr und die Gerüchteküche um die Frage, wer noch auf der Liste steht, brodelt. Der Keiler ist der erste, dem der Geduldsfaden reißt und der den Bär aufsucht, um ihn zu fragen, ob er auch auf der Liste steht. „Ja“, antwortet der Bär, „auch du stehst auf der Liste“. Verängstigt verabschiedet sich der Keiler vom Bären. Und auch ihn fand man nach zwei Tagen tot auf. Nun bricht die totale Panik unter den Waldbewohnern aus. Nur der Hase traut sich noch den Bären aufzusuchen. „Bär, stehe ich auch auf der Liste?“ – „Ja, auch du stehst auf der Liste“. – „Kannst du mich da streichen?“ – „Ja klar, kein Problem.“
Ich hab so gelacht, als ich diese Geschichte, die fast wie ein Krimi anmutet, zum ersten Mal gehört habe.
In der Tat, es könnte vieles besser laufen, wenn wir dem anderen „ein Wort gönnen“, wie meine Mutter immer zu sagen pflegt, dem anderen sagen, warum wir etwas tun oder nicht tun, was uns bewegt, was wir vorhaben, was wir mögen und nicht mögen. Es könnte vieles besser laufen, wenn wir transparenter wären, die Beweggründe für unser Handeln, unsere Pläne und Ängste mitteilen würden. Belastendes verliert an Gewicht, Schönes bekommt mehr Glanz, es herrscht Klarheit.
„Viel Unglück wird durch Unausgesprochenes in diese Welt gebracht“, hat Dostojewski gesagt. Wenn Menschen sich in Schweigen hüllen, wenn sie wichtige Informationen nicht weitergeben, wenn sie zu Spekulationen Anlass geben – dann entstehen Mißverständnisse, entstehen Probleme, die nicht sein müssten.
Wie wir miteinander im Gespräch sind, das bestimmt die Qualität unseres Miteinanders, im Kleinen und im Großen.
Mit lieben Grüßen meldet sich nach einer kleinen Sendepause zurück
Ihre/Eure Heidrun Kuhlmann