Heiligabend – Unterwegs in unserem Dorf

Zwei Frauen aus unserer Gemeinde hatten eine bezaubernde Idee: Sie haben mit den Krippenfiguren verschiedene Plätze im Dorf besucht und die berühmte Weihnachtsgeschichte verfilmt!

Wie spannend, überlege ich, wenn Maria, Josef, die Hirten und die Weisen bei dem einen oder anderen klingeln würden. Was würden sie hören und sehen in den Häusern? Welche Stimmungen würden sie wahrnehmen? Welche Düfte?

Eine Frau hat nah am Wasser gebaut: „Es ist alles so anders in diesem Jahr. Die Kinder und Enkel fehlen mir, das gemeinsame Essen und Erzählen – und vor allem die Nähe!“ Und Maria würde sagen: „Ich weiß, was du meinst und wie weh das tut. Ich hatte mir die Geburt meines ersten Kindes auch ganz anders vorgestellt: Zuhause, im Bett, mit warmem Wasser, mit Mutter oder Hebamme. Was soll ich machen? Es ist, wie es ist!“

„Wenn du mich brauchst, ruf an!“ – So hatten einige gesagt, als seine Frau gestorben war. Nicht einmal hat er sich gemeldet, war zu stolz oder zu bescheiden. Ein schlimmes Jahr hatte er hinter sich, war dünnhäutig geworden – und musste nun auch noch in Quarantäne, weil einer, der ihn regelmäßig besuchte, infiziert war. Maria zeigte ihm ihr Neugeborenes: „Guck mal, Gott ist Mensch geworden, weil er am eigenen Leib spüren möchte, was Menschsein heißt, so, wie du es grad erlebst!“

In einem großen, schicken Haus trafen sie einen Mann in den besten Jahren. Er war gut drauf und ein echter Hingucker. In einer Nebenbemerkung ließ er für einen kurzen Moment durchblicken, dass er Angst hatte vor einem finanziellen Crash. Einer der Weisen aus dem Morgenland sagte: „Ja, das ist so mit uns gut Situierten. Weißt du was, uns hat die Sehnsucht nach Bethlehem gezogen. Die Sehnsucht, etwas zu finden, das trägt, wenn manches kippt. Die Sehnsucht, dass die Welt mit Gott anders aussehen könnte.“

Die Hirten besuchten eine Familie, die wenig Geld zur Verfügung hatte und sich mit Minijobs über Wasser hielt. Der Hauptverdiener hatte in diesem Sommer seine Arbeit verloren. Einer der Hirten sagte: „Wir wissen, was es heißt, arm zu sein! Aber es gibt Hoffnung, dass uns geholfen wird.“

Die Beteiligten der Weihnachtsgeschichte besuchten alle Häuser im Dorf. Was sie sahen und hörten, bewegten sie in ihrem Herzen. Alles nahmen sie mit in die kleine Kirche.

„Fürchtet euch nicht. Ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr in der Stadt Davids.“

Lange standen sie da, sangen „O du fröhliche“ und spürten: Das gilt allen, wirklich allen, die wir besucht haben!

„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede bei den Menschen seines Wohlgefallens.“ So ist das wohl gedacht mit Weihnachten!

Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Fest. Ihre Heidrun Kuhlmann