4. Dezember
Ein junger Elefant wird an einem Pflock festgebunden. So sehr er sich auch anstrengt und zieht und wütend stampft und tönt, er kommt nicht los von seinem Pflock, der fest in der Erde steckt. Erschöpft schläft er ein. Am nächsten Tag versucht er wieder, sich zu befreien, und am nächsten Tag wieder, und am übernächsten Tag wieder. Eines Tages akzeptiert er sein Angebundensein und fügt sich in sein Schicksal.
Und wenn der Elefant groß geworden ist, riesig, dann läuft er nicht mehr weg, obwohl er könnte. Weißt du warum? Die Erfahrung, ohnmächtig zu sein und unfrei, hat sich tief in seinem Gedächtnis festgesetzt. Nie wieder hat er versucht, seine Kraft auf die Probe zu stellen.
So beschreibt es sinngemäß Jorge Bucay, ein argentinischer Psychotherapeut, in seinem Buch „Komm, ich erzähl dir eine Geschichte“, erschienen im Fischer-Verlag. Und er sagt: „Wir bewegen uns in der Welt, als wären wir an Hunderte von Pflöcken gekettet. Wir glauben, einen ganzen Haufen Dinge nicht zu können, bloß weil wir sie ein einziges Mal, vor langer Zeit, damals, als wir noch klein waren, ausprobiert haben und gescheitert sind.“
Heute ist Barbara-Tag. Wir denken an eine Frau, die für ihre Freiheit gekämpft hat – gegen einen Vater, der sie in einem Turm eingesperrt hatte. Wir denken daran, dass Menschen, die verstummt sind, neue Worte finden können. Menschen, die unter Druck stehen, können eine nie geahnte Gelassenheit entdecken. Menschen, die sich nichts zutrauen, können kleine Erfolge feiern, nachdem sie etwas gewagt hatten.
Am Barbara-Tag holen Menschen Zweige von Kirsch- oder Apfelbäumen, von Forsythien aus dem Garten und stellen sie an einen warmen Platz in der Wohnung. Neues Leben kann aufblühen, auch da, wo wir es nicht für möglich halten, wo wir uns abgefunden haben mit dem, was ist! Überraschungen und Befreiungen sind möglich. Durch und mit Gott!