„Sawubona, liebe Heidrun“, so beginnt ein Weihnachtsbrief, den ich immer wieder gern zur Hand nehme. Da sagt einer nicht „Hallo“ oder „Moin“. Er wählt eine Anrede, mit der man sich im Stamm der Zulu begrüßt. „Sawubona“ bedeutet: „Ich sehe dich“. Ich nehme dich wahr. Ich schaue dir in die Augen. In deinem Gesicht gibt es viel zu lesen. – Wie schön, wenn einer genauer hinschaut!
In diesem Jahr heißt die Jahreslosung: „Du bist ein Gott, der mich sieht!“ – Dahinter steckt eine spannende Geschichte. Sara kann keine Kinder bekommen. Das war ihrerzeit eine Tragödie, für sie selbst und für die Sippe. Was tun? Sie ermuntert ihren Gatten, den Abraham, die Magd Hagar als Ersatzmutter seiner Nachkommen zu wählen. Die Zukunft muss gesichert werden, das hat Priorität!! Wahrscheinlich hatte Sara nicht damit gerechnet, dass solche Dreiecksbeziehungen ein hohes Konfliktpotential in sich tragen. Sich minderwertig oder ausgenutzt fühlen. Eifersüchtig sein und hassen, sich piesacken und verletzen …. Sara schickt Hagar in die Wüste, ganz weit weg! Das Zusammenleben war unerträglich!
In der Wüste, ohne Zukunft und Kraft, ganz am Ende, kommt ein Engel – am Brunnen des Lebendigen – wie auch immer! Er erinnert Hagar daran, dass sie doch guter Hoffnung ist, das Kind in ihrem Bauch ist deutlich spürbar!! Hagar hat erfahren: „Du bist ein Gott, der mich sieht!“ – Wüstenzeiten! Die Wüste muss nicht Sahara oder Gobi heißen, auch im Schaumburger Land wissen wir, was gemeint ist: Traurig und erschöpft sein. Wenig Lebe-Lust, viel Kummer. Blöde Sachen im Gepäck.
„Du bist ein Gott, der mich sieht!“ – Das tut gut. Du siehst uns zwischen „Trial and Error“, Wunsch und Wirklichkeit. Du siehst, womit wir uns quälen, die Welt vorm Infarkt. – „Du bist ein Gott, der mich sieht!“ Der du in der Raupe den Schmetterling sieht, sieht wohl auch in mir schon manches, was da schlummert, das durch Liebe geweckt werden kann. Du holst uns nicht raus aus dem, was ist – aber du bist an unserer Seite.