Für den Hofübergabevertrag hatte sie u.a. den Passus gefordert: ’24 Stunden täglich ein Recht auf ein Auto samt Fahrer‘. Darauf hat die Tochter so reagiert: ‚Mutter, wenn du darauf bestehst, kannst du den Hof behalten.‘ Mich hat das lange beschäftigt – und die Konsequenz der Tochter hat mich beeindruckt.
Grenzen sind wichtig, im Baurecht, im Nachbarschaftsrecht, zwischen Staaten. Wenn diese Grenzen überschritten werden, gibt es mehr oder weniger heftige Konflikte, aus denen sich nicht selten sogar Kriege entwickeln. Wir haben oft davon gehört, kennen das Leid.
Damit das Zusammenleben gelingt, müssen wir bestimmte Grenzen beachten. Mütter tun gut daran, wenn sie anklopfen, bevor sie das Zimmer ihres Kindes betreten. Schwiegermütter tun gut daran, wenn sie einer Freundin nicht mal schnell das neue Wohnzimmer der Kinder oder deren Wäscheschrank präsentieren wollen, ohne vorher gefragt zu haben. Nach 22 Uhr sollte man einen Menschen nur noch dann ohne SOS-Meldung anrufen, wenn man das vorher mit ihm angesprochen hat oder seine Lebensgewohnheit sehr genau kennt. In einer Ehe braucht man Freiräume – wer Eigenes hat, hat auch Freude am Gemeinsamen, wer Freiheit genießen darf, freut sich umso mehr auf Nähe. Wer seine Überlegenheit ausnutzt und das Territorium des anderen verletzt, der macht sich schuldig. Wer unter Druck setzt, Privatsphäre oder Menschenwürde nicht achtet, der überschreitet Grenzen! – Ist ja nicht so leicht! Was hätten wir unseren erwachsenen Kindern alles an Lebensweisheitzu vermitteln…. Aber vielleicht möchten sie nicht, dass wir reinreden in ihr Leben. Jede Generation hat ein Recht auf ihre eigenen Erfahrungen!
Auch der Körper setzt Grenzen. Wenn wir die nicht achten, wenn wir uns zu sehr beanspruchen, werden wir das irgendwann schmerzhaft zu spüren bekommen. Wenn wir nicht NEIN sagen mögen (auch auf den mit honigsüßer Stimme gesprochenen Satz: „Überleg doch noch mal, es backt keiner so einen leckeren Butterkuchen wie du“), kann es sein, dass wir irgendwann überfordert, lustlos und ausgelaugt sind – wen wundert’s! Wenn wir immer nur nett, dabei aber nicht echt sind, kann das nicht ohne Folgen bleiben!
Wir haben Grenzen. Wir dürfen sagen, wozu wir bereit und in der Lage sind – und wozu nicht. Wir dürfen sagen, wie nah wir einen Menschen an uns heranlassen möchten. Bis hierher und nicht weiter!
Ich setze mir neuerdings für bestimmte Arbeiten, mit denen man ohnehin nie fertig wird (die berühmten ‚Gummiband-Arbeiten‘) ein zeitliches Limit (limes = die Grenze). So viel bin ich bereit zu investieren und dann ist es gut! – Von anderen habe ich gehört, dass sie ihrem Kummer sagen: Bis hierher und nicht weiter – oder dass sie es schaffen, Verantwortung für andere bewusst an Gott abzugeben, wenn es ihre eigenen Möglichkeiten übersteigt.
Zum Schluss: Andere haben natürlich auch eine Grenze! Und diese Grenze haben wir zu respektieren. Grenzverhandlungen sind sehr wichtig, damit das Leben gelingen kann. Ich wünsche uns allen viel Erfolg dabei.