7. April 2020 – Schwach sein ist menschlich

Auf dem Weg zum Wochenmarkt höre ich im Auto ein Lied, das mich auf seltsame Weise berührt: „Und du glaubst, ich bin stark und ich kenn den Weg; du bildest dir ein, ich weiß wie alles geht – du denkst, ich hab alles im Griff und kontrolliere, was geschieht ….aber ich steh nur hier oben und sing mein Lied.“ (Gruppe Ich und Ich)

„Und du glaubst, ich bin stark“ …. fast kommen mir die Tränen. Dieser Satz hat mich an einer empfindlichen Stelle getroffen – in Zeiten wie diesen, wo keiner weiß, wie die Welt in der nächsten Woche aussehen wird. Es ist schwer auszuhalten – und manches andere auch, das mir über den Kopf wächst und unter die Haut geht.

Starke Frauen (und Männer) haben mehr schwache Stunden, als ihnen lieb ist. Zusammen sein wollen und zusammen sein müssen, ist ein Unterschied. Das erfahren jetzt viele in den Familien. Allein sein wollen und allein sein müssen, ist ein Unterschied. Nicht alle können das aushalten. Vier Jahre lang haben sich Sportler auf ein großes Ziel vorbereitet – und nun wird es keine Olympischen Spiele geben. Wir lieben und müssen loslassen. Wir planen und erleben, dass sich Vieles ganz anders entwickelt.

Selbst die „Helden des Alltags“ haben ihre Tiefpunkte. Wenn der Körper streikt, weil die Belastung für Körper und Seele zu groß wird, weil der Spagat zwischen Dienst und Familie überfordert. Auch die klügsten Experten wissen nicht auf alles eine Antwort. Die amerikanische Leichtigkeit wird kleinlaut. Uns gehen Kraft und Mut, Nervenstärke und Hoffnung an manchen Tagen, aus. Das betrifft auch die, von denen wir glaub(t)en, sie seien immer stark. „Kennst du das auch?“ – „Ja, ich kenne das auch!“

Ich bin froh, dass es diesen Trost gibt: „Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ (2. Brief des Paulus an die Korinther 12,9). Der dänische Philosoph Sören Kierkegaard hat gesagt: „Gottes zu bedürfen, ist des Menschen höchste Vollkommenheit!“